Europäischer Maulwurf

Europäischer Maulwurf

Europäische maulwurf, Maulwurf

Reich
Stamm
Unterstamm
Klasse
Ordnung
Familie
SPEZIES
Talpa europaea
Populationsgrösse
Unknown
Lebensdauer
3-5 years
Gewicht
70-130
2.5-4.6
goz
g oz 
Länge
11-16
4.3-6.3
cminch
cm inch 

Der Europäische Maulwurf (Talpa europaea), häufig auch nur Maulwurf genannt, ist eine Säugetierart aus der Familie der Maulwürfe (Talpidae) innerhalb der Ordnung der Insektenfresser (Eulipotyphla). Er kommt als einziger Vertreter der Gruppe in Mitteleuropa vor, ist darüber hinaus aber auch in Westeuropa und in Osteuropa anzutreffen. In seinem großen Verbreitungsgebiet nutzt er zahlreiche verschiedene Lebensräume, von Waldlandschaften über offene Gebiete bis hin zu Weiden und Parks und teilweise auch städtische Areale. Die Anwesenheit des Europäischen Maulwurfs in einer bestimmten Region ist stark von der Menge seiner genutzten Nahrungsressourcen abhängig. Äußerlich ähnelt der Europäische Maulwurf anderen nahe verwandten Arten. Die Tiere besitzen einen zylindrischen Körper mit kurzem Hals, spitz zulaufendem Kopf und kurzem Schwanz. Markant sind die breiten, schaufelartigen Vordergliedmaßen, die kräftige Krallen tragen. Das Fell hat überwiegend einen dunkelgrauen bis schwarzen Farbton, es kommen aber verschiedene Farbvarianten vor.

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Überwiegend lebt der Europäische Maulwurf unterirdisch in selbst gegrabenen Tunneln und Gängen. Sie bilden ein komplexes Netzwerk aus oberflächennahen Bereichen, die zumeist der Nahrungssuche dienen, und tiefer in den Untergrund reichenden Abschnitten. In letzteren befinden sich auch die Schlafnester. An der Oberfläche werden die Ein- und Ausgänge zu den Tunnelsystemen durch charakteristische Auswurfhügel angezeigt, die sogenannten Maulwurfshügel. In Gebieten mit hohem Grundwasserspiegel baut der Europäische Maulwurf große „Burgen“. Die Hauptnahrung der Tiere besteht aus Regenwürmern, darüber hinaus auch aus anderen Wirbellosen bis hin zu kleinen Wirbeltieren. Dabei gibt es gewisse jahreszeitliche Schwankungen, was die Zusammensetzung der Nahrung betrifft. Für den Winter legen sie Vorräte an. Die einzelnen Individuen leben strikt einzelgängerisch, nutzen Reviere und sind innerhalb eines Tages in mehreren Phasen aktiv. Lediglich zur Paarungszeit finden Männchen und Weibchen zusammen. Dafür unternehmen die Männchen teils längere Wanderungen. Der Nachwuchs kommt nach kurzer Tragzeit im Frühjahr zur Welt und wird rund fünf bis sechs Wochen lang aufgezogen. Jungtiere sind aber zumeist erst im Folgejahr fortpflanzungsfähig.

Die wissenschaftliche Einführung des Europäischen Maulwurfs als Art erfolgte im Jahr 1758. Teilweise wurden ihm mehrere weitere Vertreter beigeordnet, die heute als eigenständig angesehen werden. Ungeklärt ist, ob mehrere Unterarten bestehen. Als Fossil ist er seit dem älteren Pleistozän bekannt und tritt, wenn auch in geringer Anzahl, an den verschiedensten Fundstellen auf. Der heutige Gesamtbestand gilt als nicht gefährdet. Lokal steht der Europäische Maulwurf aber teilweise unter Schutz. Durch seine Grabungstätigkeiten übt er einen gewissen Einfluss auf seine unmittelbare Umgebung aus, was Folgen für die Zusammensetzung der Pflanzen- und Tiergemeinschaft haben kann. Er wird dadurch vor allem unter wirtschaftlichen und gärtnerischen Aspekten teilweise als „Schädling“ angesehen.

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Aussehen

Der Europäische Maulwurf ist ein mittelgroßer Vertreter der Eurasischen Maulwürfe (Talpa). Er erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von 11,3 bis 15,9 cm, der Schwanz wird 2,5 bis 4,0 cm lang. Das Gewicht variiert von 72 bis 128 g. Männchen sind zwischen 26 und 33 % größer als Weibchen. Generell gibt es eine starke regionale Variationsbreite bezüglich der Körpermaße. Tiere in nördlicheren Breitengraden und höheren Berglagen tendieren zu einer geringeren Größe, außerdem führen extrem kalte Winter zu einer stärkeren Selektion kleinerer Individuen. Regional ist die Größe abhängig vom Ertragsreichtum der besiedelten Landschaftsräume sowie jahreszeitlich bedingt. Häufig kommt es im trockenen Sommer zu einer starken Körpergewichtsabnahme, die sich im Herbst und Winter wieder ausgleicht. Wie alle Eurasischen Maulwürfe ist auch der Europäische Maulwurf gut an die unterirdisch grabende Lebensweise angepasst. Der Körper zeigt eine zylindrische Gestalt, der Hals ist kurz und der konisch geformte Kopf mündet in einer spitzen Schnauze. Der kurze Schwanz zieht an der Basis ein, meist wird er aufrecht gehalten. Die breiten Vordergliedmaßen sind kurz, breit und seitwärts orientiert. Alle fünf Finger tragen außerordentliche Krallen, ein zusätzliches sichelförmiges Sesambein vergrößert die Fläche der Hände. Die Hände sind nach außen gedreht und bilden so ein effektives Grabewerkzeug. Dem gegenüber wirken die Hintergliedmaßen, die 1,7 bis 2,8 cm lang werden, eher grazil, die Krallen an den jeweils fünf Zehen zeigen sich deutlich schwächer ausgebildet.

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Äußerlich sichtbare Ohren sind nicht vorhanden. Die Augen liegen in einer Lidspalte. Ihre Größe ist stark reduziert, sie haben aber ihre Funktion nicht vollständig eingebüßt. Das weiche Fell, das keinen Strich besitzt und so bei der Fortbewegung in den Gängen und Tunneln keinen Widerstand bietet, ist üblicherweise dunkelgrau bis schwarz gefärbt mit einem leicht helleren Ton auf der Bauchseite. Es treten jedoch bei einzelnen Tieren Farbanomalien auf, die von weißgrau silber über scheckig, creme- und gelbfarben bis hin zu orangefarben und kaffeebraun reichen. Die Haarlänge ist uniform, im Sommer liegt sie bei 7 bis 8 mm, im Winter bei 9 bis 12 mm. Nur am Kopf kommen kürzere Haare vor, wobei das Rhinarium nackt ist. Die Gliedmaßen sind bis auf einzelne steife Vibrissen haarlos, ebenso der Schwanz. Durch Sekretausscheidungen aus Drüsen in der Haut erscheint das Fell in der Brustmitte oft fleckig gelblich-braun. Weibchen haben vier Zitzenpaare, von denen je zwei in der Brust- und in der Lendenregion liegen.

Der Schädel des Europäischen Maulwurfs wird zwischen 34,0 und 37,3 mm lang sowie am Hirnschädel zwischen 16,4 und 17,8 mm breit. Er ist wie bei den meisten Insektenfressern langgestreckt und flach. In Ansicht von oben verschmälert er sich kontinuierlich nach vorn, in Seitenansicht besitzt er eine Kegelform mit einem abgerundeten Hinterhauptsbereich. Die Jochbögen sind nur schwach entwickelt und verlaufen parallel zueinander. Allgemein ist der Schädel groß, im Vergleich etwa mit dem Iberischen Maulwurf (Talpa occidentalis), dem Römischen Maulwurf (Talpa romana) oder dem Balkan-Maulwurf (Talpa stankovici) zeigt sich das Rostrum eher schmal gestaltet. Seine Breite auf Höhe der Mahlzähne beläuft sich auf 8,7 bis 10,5 mm. Bei ausgewachsenen Individuen bilden das Jochbein und das Tränenbein mit dem Oberkiefer eine Einheit, pränatal können die Knochen noch einzeln identifiziert werden. Eine Besonderheit in der Ontogenese des Europäischen Maulwurfs stellt die verzögerte Verknöcherung der Schädelbasis auf die Zeit nach der Geburt dar.

Der Unterkiefer ist lang und schlank gestaltet, seine Unterkante wölbt sich etwa auf der Mitte des horizontalen Knochenkörpers nach unten aus. Der Kronenfortsatz ragt hoch auf und ist breit. Das Gebiss setzt sich aus 44 Zähnen zusammen, die folgende Zahnformel bilden:. Es hat somit wie bei einigen anderen Maulwürfen die vollständige Zahnanzahl der Plazentatiere bewahrt. Gelegentlich kommt aber Oligodontie vor, so dass überzählige, unterzählige oder miteinander verschmolzene Prämolaren ausgebildet sind. Im Vergleich zum Römischen Maulwurf ist das aber weitaus seltener. Die Position der Zahnanomalie ist nicht genau festgelegt. Bei Tieren aus Brandenburg ließ sich eine häufige Zahnunterzahl im Oberkiefer und eine Zahnüberzahl im Unterkiefer feststellen. Außerdem variiert die Häufigkeit zwischen einzelnen Populationen. In Flandern und Holland betrifft dies fast 8 % aller Individuen, im westlichen Deutschland rund 2,3 % und im östlichen rund 1,5 %. Im westlichen Russland ist Oligodontie hingegen kaum belegt. Die Zähne sind moderat groß. Der obere Eckzahn ist lang und besitzt zwei Wurzeln, der untere hingegen wirkt klein und ähnelt den Schneidezähnen. Dagegen erinnert der vordere untere Prämolar an einen Eckzahn. Bis auf diesen weisen alle anderen Vormahlzähne ebenfalls zwei bis drei Wurzeln auf. Die oberen Molaren haben einen dreieckigen Umriss. An den unteren Mahlzähnen lassen sich ein gut entwickeltes Trigonid und Talonid unterscheiden. Allgemein besitzen die hinteren Backenzähne spitze Höcker und scharfe Schmelzleisten auf den Kauflächen. Charakteristisch am oberen ersten Molar ist das Mesostyl, ein kleiner Höcker zwischen den beiden lippenseitigen Haupthöckern (Paraconus und Metaconus). Es weist nur eine Spitze auf, was mit dem Aquitanien-Maulwurf (Talpa aquitania) übereinstimmt, aber vom Iberischen und Römischen Maulwurf abweicht, bei denen immer zwei Spitzen auftreten. Die obere Zahnreihe wird zwischen 12,3 und 13,8 mm lang, was weniger als 38,6 % der Länge des Schädels entspricht.

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Verteilung

Erdkunde

Das Verbreitungsgebiet des Europäischen Maulwurfs umfasst den größten Teil Europas. Es reicht im Westen von Großbritannien (nicht aber Irland) und dem Nordwesten Frankreichs ostwärts über gesamt Mitteleuropa und weite Abschnitte Osteuropas. Im Norden schließt es die südlichen Bereiche von Schweden, Finnland und Karelien mit ein. Die Südgrenze wird im nördlichen Italien und auf der Balkanhalbinsel erreicht. In Asien tritt die Art im nordwestlichsten Kasachstan auf. Die Nord- und Ostgrenze fällt mit den Ausläufern der Taiga und der Steppenwald-Steppen-Übergangszone zusammen. Der nördlichste Nachweis stammt von der Petschora bei etwa 68 Grad nördlicher Breite. Zusätzlich sind die Tiere auf einzelnen Inseln der Ostsee rund um Dänemark (Öland, Fünen, Seeland, Bjørnø, Tåsinge, Tunø, Langeland) und vor der deutschen und polnischen Küste (Rügen, Usedom, Wolin) präsent, ebenso wie auf Inseln rund um Großbritannien (Skye, Mull, Anglesey, Wight und Jersey) und vor der nordfranzösischen Küste (Ouessant, Ré). Die einzige Mittelmeerinsel mit einem Bestand des Europäischen Maulwurfs ist Cres vor der Küste Kroatiens.

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Die Tiere bevorzugen gemäßigte Regionen und fehlen in den kaltklimatischen Gebieten Eurasiens ebenso wie in der Kaukasusregion und im Mittelmeerraum (dort kommen allerdings einige nahe verwandte Vertreter der Gattung der Eurasischen Maulwürfe vor). Sie besiedeln eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensräumen, die aber eine mächtige Bodenschicht, tief genug um Gänge und Tunnel anzulegen, mit einem reichhaltigen Nahrungsangebot gemein haben. Generell ist die Anwesenheit des Europäischen Maulwurfs positiv an die regionale Häufigkeit der Regenwürmern gekoppelt. Dadurch meidet er saure Böden, der Grenzwert wird ab einem pH-Wert von 4,5 erreicht, da hier die Dichte an Regenwürmern rapide zurückgeht. Auch stark industrialisierte Regionen mit teils erheblicher Umweltverschmutzung verbunden mit einem Rückgang der Bodengüte werden nicht genutzt. Die Höhenverbreitung umfasst die Bereiche vom Meeresspiegelniveau bis hinauf auf rund 2700 m Höhenlage. Ursprünglich besiedelte der Europäische Maulwurf Laubwaldlandschaften, heute kann er auch auf Weiden, Brachland, in Parks und in Gärten angetroffen werden. Ebenso dringt er in städtische Gebiete vor, wobei hier für eine dauerhafte Ansiedlung Grünflächen mit einem Mindestgebiet von rund 10 ha benötigt werden, während die Dichte der urbanen Besiedlung herum nur eine eher geringe Rolle spielt. Entsprechend verhindern aber zu kleine Grüninseln mit armer Vegetation eine Ansiedlung des Maulwurfs, da einerseits die Dichte an Beutetieren zu gering ist, andererseits Teile der städtischen Infrastruktur wie Straßen und Bordsteinkanten oft unüberwindliche Barrieren darstellen. Seltener kommen die Tiere in Dünengebieten, Nadelwäldern, Birken-Waldgebieten, in Arealen mit geringmächtigen Böden oder steinigem bis felsigem Untergrund und in alpinen Landschaften vor. Die Populationsdichte variiert von 0,2 bis 8,5 Individuen je Hektar.

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Europäischer Maulwurf Lebensraum-Karte

Klimazonen

Europäischer Maulwurf Lebensraum-Karte
Europäischer Maulwurf
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Gewohnheiten und Lebensstil

Wie viele andere unterirdisch lebende Säugetiere hat der Europäische Maulwurf keinen ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus. Die Aktivität ist in drei Wach- und Schlafphasen aufgeteilt, die Wachphasen sind meist vormittags, nachmittags und gegen Mitternacht mit einer Dauer von jeweils etwa vier bis fünf Stunden. Nach Untersuchungen der Aktivitäten des Europäischen Maulwurfs im Frühjahr und bezogen auf einen 24-Stunden-Tag verbringt ein Tier zwischen 46 und 50 % seiner Zeit ruhend im Nest oder in den Gängen. Die aktive Phase wird gefüllt mit Grabungstätigkeiten (10 bis 23 %) und Umherwandern beziehungsweise Nahrungssuche (29 bis 40 %). Männliche Individuen graben dabei aber in einem wesentlich geringeren Umfang und sind länger unterwegs als die Weibchen. Während eines Acht-Stunden anhaltenden Schlaf-Wach-Zyklusses nutzt ein Tier rund ein Drittel seines Gangsystems und sucht regelmäßig sein Nest auf. Bei Muttertieren erfolgt dies bis zu sechs Mal täglich. Männchen in der Paarungszeit hingegen kehren dann auch über mehrere Tage nicht zurück. Die überwundenen Distanzen belaufen sich auf 27 bis 171 m. Jungtiere auf der Suche nach eigenen Aktionsräumen legen aber mit bis 760 m deutlich größere Entfernungen zurück.

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Die Wanderungen und Nahrungssuche erfolgen sowohl unterirdisch als auch oberirdisch. Intensität und Dauer werden von der Verteilung der Nahrungsbeute im Boden bestimmt. Oberirdische Aktivitäten sind abseits der Nahrungssuche eher sporadischer Natur und lassen sich am häufigsten bei Jungtieren beobachten, die das mütterliche Nest verlassen, oder können auf extreme Bodenverhältnisse wie Dürrephasen zurückgeführt werden. Allerdings ist der Europäische Maulwurf auch ein guter Kletterer und vermag zu schwimmen, letzteres auch im Winter. Generell hält der Europäische Maulwurf keinen Winterschlaf, sondern ist auch während der kälteren Jahreszeit aktiv. Er verlegt dann bei stärkerem Frost seine Tätigkeiten in tiefer gelegene Bodenschichten. Bei Überschwemmungen sucht er höher gelegenes Terrain auf und beginnt unmittelbar erneut zu graben.

Bei seinen Wanderungen und Aktivitäten vermag der Europäische Maulwurf auf erlernte Erfahrungen zurückzugreifen. Experimenten zufolge sind Erinnerungen über den Verlauf bestimmter Gangsysteme auch nach rund sechs Wochen noch abrufbar. Unterstützend zur Orientierung im Raum kommt die Befähigung, hell und dunkel zu unterscheiden, womit der Europäische Maulwurf nicht vollständig blind ist.

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Saisonales Verhalten

Fressverhalten und Ernährung

Die Hauptnahrung des Europäischen Maulwurfs besteht aus Regenwürmern und deren Kokons. In verschiedenen Studien im Schottland und im südlichen Polen wurden in 85 bis 100 % der analysierten Magenreste Hinweise auf Regenwürmer gefunden. Andere Bestandteile der Nahrung umfassen verschiedenste Insekten wie Blatthornkäfer, Schnellkäfer, Langbeinfliegen, Schnaken, Haarmücken, Tanzfliegen, Eulenfalter und Laufkäfer. Hierbei fressen die Tiere bevorzugt die Larven. Hinzu kommen auch die ausgewachsenen Individuen von Hundertfüßern und Weichtieren. Tiere in menschlicher Gefangenschaft fraßen neben Regenwürmern zusätzlich Mehlwürmer, Maden und junge Mäuse. Die Zusammensetzung der Nahrung ist weder von Alter noch Geschlecht abhängig. Dagegen gibt es leichte jahreszeitliche Schwankungen im Anteil der Regenwürmer, der im Winter höher und im Sommer niedriger ist. Dem entsprechend fällt und steigt der Anteil der Insekten, hier besonders der der Schnaken. Häufig vertilgt der Europäische Maulwurf kleinere Regenwürmer zuerst, was vor allem an Tieren in Gefangenschaft beobachtet wurde. Hierbei verschlingt er Regenwürmer bis 8 cm Körperlänge vollständig, nur größere zerbeißt er. Die Regenwürmer werden überwiegend mit dem Kopfende zuerst verspeist und der Mageninhalt vor allem bei den größeren Individuen ausgedrückt.

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Hauptsächlich vor den Wintermonaten lagert der Europäische Maulwurf Regenwürmer in seinem Tunnelsystem an. Einige derartiger Vorratskammern können aus bis zu 790 Regenwürmern mit einem Gesamtgewicht von 1,5 kg bestehen, was einer Nahrungsmenge für mehr als drei Wochen entspricht. Der Anteil an Insektenlarven ist dem gegenüber sehr gering. Bei der Lagerung beißt der Europäische Maulwurf den Regenwürmern die vorderen drei bis fünf Körpersegmente ab, wodurch diese betäubt werden. Teilweise enthalten die Nahrungslager verhältnismäßig häufiger Individuen größerer Regenwurmarten aus den Gattungen Octolasium und Lumbricus als sie prozentual in der Umgebung vorkommen, was für eine Nahrungsselektion spricht und die Bevorzugung kleinerer Regenwürmer reflektiert. Die Lager werden im Herbst angelegt und sind mit den Nestkammern und mitunter auch mit den „Burgen“ verbunden. Sie befinden sich sowohl an den Tunnelwänden als auch in einzelnen speziell gegrabenen Kammern.

Ein männlicher Europäischer Maulwurf von rund 108 g Körpergewicht benötigt täglich zwischen 75 und 91 g Nahrung, ein weiblicher von 85 g Körpergewicht zum Vergleich 67 bis 89 g. Im Verhältnis nimmt so ein männliches Individuum täglich rund 73,5 % seines eigenen Körpergewichts an Nahrung auf, ein weibliches rund 88,6 %. Dabei können bei einem Fressvorgang bis zu 50 g Nahrung vertilgt werden. Im Durchschnitt fasst der Magen aber nur rund 5,4 bis 6,7 g an Speiseresten. Wasser trinkt der Europäische Maulwurf regelmäßig. Ausnahmen kommen bei einem hauptsächlichen Verzehr von Regenwürmern vor, da diese zu 85 % Wasser enthalten.

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Paarungsgewohnheiten

Die Paarungszeit fällt beim Europäischen Maulwurf in den Frühling (meist in die Monate Februar bis April). Sie kann in südlicheren Breiten früher beginnen als in nördlicheren. In einigen Regionen wie im Ural wurden auch zwei Würfe im Jahr verzeichnet, wobei der zweite dann im Sommer oder Herbst erfolgt. Der Östrus der Weibchen währt nur kurz, insgesamt 24 Stunden. Während der sexuell aktiven Phase vergrößern sich die Hoden der Männchen deutlich von durchschnittlich 116 mg auf rund 280 bis 320 mg. Ebenfalls erhöht sich der Testosterongehalt, der aber teilweise auch nach der frühjährlichen Fortpflanzungsphase auf einem höheren Niveau bleibt und so möglicherweise der zweiten Paarungsperiode dient. Ein auffälliges Merkmal der Weibchen sind ihre als Zwitterdrüsen ausgebildeten Geschlechtsorgane, wodurch sie funktional Hermaphroditen darstellen, vergleichbar wie es beim Iberischen Maulwurf (Talpa occidentalis) bekannt ist. Ihre Eierstöcke schwellen ebenfalls während der Fortpflanzungsphase an, in der sexuell inaktiven Periode nimmt der Hodenanteil erheblich zu bei einem gleichzeitigen Anstieg des Testosterongehaltes.

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Weibchen tragen zwischen einem und neun Embryonen aus, je nach Population können es zwischen zwei und fünf (Deutschland) oder durchschnittlich sechs (Weißrussland) sein. Teilweise werden aber 6 bis 25 % der Embryonen resorbiert. Die Wachstumsrate der Embryonen ist relativ konstant, ihre Länge beträgt nach rund 13 Tagen etwa 3,6 mm, nach 15 Tagen etwa 6,6 mm. Nach rund 18 Tagen werden 10 mm Länge überschritten, dann bilden sich auch die ersten Haarfollikel aus. Eine Verknöcherung setzt mit 20 Tagen ein, während zwei Tage später bei einer durchschnittlichen Länge von 20,4 mm die Augenlider verwachsen. Eine Länge von 31 mm ist nach rund 26 Tagen erreicht, es bilden sich nun taktile Haare an den Lippen aus. Die Embryonalentwicklung ist vergleichbar zum Iberischen Maulwurf, verläuft beim Europäischen Maulwurf aber vor allem in der Endphase schneller, was möglicherweise mit seinen durchschnittlich größeren Körperausmaßen zusammenhängt.

Nach einer rund vierwöchigen Tragzeit bringt das Weibchen in der Zeit von Ende April bis Anfang Juni den Nachwuchs zur Welt. Die Wurfgröße liegt bei zwei bis sieben, häufig drei bis fünf Individuen. Die Jungen sind anfangs nackt und blind. Sie wiegen 3,2 bis 3,5 g und sind rund 4 cm lang. Sie verbleiben die erste Zeit im Nest. Nach rund 22 Tagen öffnen sich die Augen, die Jungtiere sind dann durchschnittlich 11,9 cm lang. Die Saugphase nimmt vier bis fünf Wochen in Anspruch. Während dieser Zeit frisst das Weibchen deutlich mehr Nahrung. Im Alter von rund 33 Tagen verlässt der Nachwuchs erstmals das Nest, sucht sich aber spätestens nach sechs Wochen ein eigenes Revier. Die Geschlechtsreife tritt erst im Folgejahr ein.

Die Mortalität der Jungtiere ist relativ hoch. In den Niederlanden überleben nur rund ein Drittel die ersten anderthalb Jahre, in Russland nur ein Siebentel. In stabilen Populationen bleibt die jährliche Todesrate mit 50 bis 60 % relativ konstant. Problematisch sind kalte Winter, während der die Mortalität stark ansteigen kann. In einer Population in Schottland betrug der Anteil an Jungtieren rund 39 %, 31 % aller Fälle stellten Individuen dar, die gerade ihre Geschlechtsreife erreicht hatten, während 22 % der Tiere rund 28 Monate alt waren. Individuen älter als 40 Monate traten hingegen selten auf, ihr Anteil betrug rund 7 %. Als relativ vergleichbar erwies sich eine Population aus dem südlichen Polen mit rund 46 % Jungtieren, 27 % Individuen in der beginnenden Geschlechtsreife, 14 % ausgewachsenen Tieren und 13 % älter als 36 Monate. Die maximale Lebenserwartung liegt bei sieben Jahren.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Zu den Fressfeinden zählen Vögel, darunter Eulen wie der Waldkauz und Greifvögel wie der Mäusebussard, des Weiteren auch Rabenvögel und Weißstörche sowie Raubtiere, etwa der Rotfuchs und Marderarten, wie zum Beispiel der Hermelin. Untergeordnet treten auch Wildschweine in Erscheinung. Haushunde beißen Maulwürfe gelegentlich tot, fressen sie aber nicht. Manchmal werden Maulwürfe zudem von Hauskatzen erbeutet. Die größte Gefahr, Opfer eines Prädatoren zu werden, besteht für den Europäischen Maulwurf bei seinen Ausflügen an die Erdoberfläche. Häufig betroffen sind hier Jungtiere, die gerade ihr mütterliches Nest verlassen haben. Nach einer Studie aus Cornwall starben fast 82 % aller untersuchten Maulwürfe durch traumatische Ereignisse infolge des Einwirkens von Beutegreifern.

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Es sind zahlreiche Parasiten bekannt, die den Europäischen Maulwurf als Wirt nutzen. Hierzu gehören vor allem innere Parasiten wie Saugwürmer, Bandwürmer, Fadenwürmer und Kratzwürmer. Insgesamt sind Vertreter von gut drei Dutzend Gattungen dokumentiert. Unter den Saugwürmern kommen Formen wie Ityogonimus und Combesia exklusiv an Maulwürfen vor. Die umfangreichste Gruppe bilden die Fadenwürmer. Auch hier sind einige Angehörige belegt, die speziell nur an Maulwürfen parasitieren, so Capillaria, Tricholinstowia und Trichuris, sie bewohnen hauptsächlich den Darmtrakt. Andere Fadenwürmer wie Soboliphyme und Spirura befallen den Magen. Ältere Individuen fungieren teilweise als Träger von Protozoen, so etwa Toxoplasma und Eimeria. Die Nachweise sind meist aber sehr gering. An äußeren Parasiten konnten unter anderem Flöhe festgestellt werden. Recht häufig sind Gattungen wie Hystrichopsylla, Palaeopsylla und Ctenophthalmus, seltener wiederum Rhadinopsylla, Megabothris und Paraceras. Milben können regelmäßig in den Nestern angetroffen werden. Eine Studie an 210 Nestern des Europäischen Maulwurfs aus verschiedenen Regionen Polens dokumentierte Milben in insgesamt 174 Fällen. Besonders zahlreich tritt hier die Gattung Phaulodiaspis auf, daneben ließen sich auch Olodiscus, Oodinychus, Nenteria und Uropoda belegen. Die Anwesenheit der Milben wird stark von der Materialbeschaffenheit der Nester und ihrer Tiefe im Erdreich beeinflusst. So suchen Milben durchschnittlich häufiger Nester aus Gräsern auf als solche aus Blättern oder gemischtem Material, ebenso sind tiefer liegende Nester stärker betroffen. Hinzu kommen Zecken, beispielsweise Ixodes, Hirstionyssus und Demodex.

Der Europäische Maulwurf als Art ist weit verbreitet und in begünstigten Lebensräumen relativ häufig mit einer stabilen Population anzutreffen. Die IUCN listet ihn daher in seinem Gesamtbestand als „nicht gefährdet“ (least concern). Größere Bedrohungen sind nicht bekannt. Lokal kann der Europäische Maulwurf durch seine Kategorisierung als „Schädling“ aber in Bedrängnis geraten. Früher wurden die Tiere zudem wegen ihres Felles gejagt, was hauptsächlich in den nördlichen Bereichen seines Verbreitungsgebietes vorkam. Allein im Jahr 1906 wurden rund eine Million Maulwurfsfelle in London gehandelt und in den 1920er Jahren jährlich rund zwei Millionen in die USA exportiert. In der ehemaligen Sowjetunion gelangten in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre jährlich zwischen zwanzig und dreißig Millionen Felle auf den Markt. Die Zahlen gingen in den 1970er Jahren zurück, heute ist diese Praxis weitgehend nicht mehr üblich. Die Art ist in zahlreichen Schutzgebieten präsent. Darüber hinausgehende Schutzmaßnahmen werden von der Umweltschutzorganisation nicht für erforderlich erachtet.

Lokal bestehen andere Einstufungen. In Deutschland sind generell (mit Ausnahmen) alle heimischen Arten der Säugetiere nach Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt – und somit auch der Europäische Maulwurf. Daher verbietet es § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatschG) diesen Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Einzig die Vergrämung ist erlaubt. In der Roten Liste des Bundesamtes für Naturschutz geht die Behörde gegenwärtig (Stand 2020) davon aus, dass der Europäische Maulwurf ungefährdet ist, wenn auch ein Bestandsrückgang zu verzeichnen ist. In Österreich untersagen § 6 des Bundesgesetzes über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) Abs. 1 und § 222 Abs. 3 des Strafgesetzbuches das Töten von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund, so dass hier nur in besonderen Fällen eine Tötung erlaubt ist. Auch nach § 5 des Tierschutzgesetzes ist es nicht gestattet, „einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen“. In der Schweiz verbietet das Tierschutzgesetz (TSchG) grundsätzlich das Zufügen von Schmerzen und Leiden bei einem Tier.

Im Jahr 2020 wurde der Europäische Maulwurf sowohl in Deutschland durch die Deutsche Wildtier Stiftung als auch in Österreich vom Naturschutzbund Österreich als Tier des Jahres ausgewählt.

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Populationszahl

Die Rote Liste der IUCN und andere Quellen geben die Gesamtpopulationsgröße des Europäischen Maulwurfs nicht an, aber dieses Tier ist in seinem gesamten bekannten Verbreitungsgebiet häufig und weit verbreitet. Derzeit wird diese Art auf der Roten Liste der IUCN als nicht gefährdet (LC) eingestuft und ihre Bestände sind heute stabil.

Ökologische Nische

Insbesondere durch seine Grabungsaktivitäten hat der Europäische Maulwurf einen großen Einfluss auf die lokalen Landschaftsgebiete. Seine bodenwühlenden Aktivitäten verursachen Veränderungen in der Bodenstruktur, die sich wiederum auf die örtliche Pflanzen- und Tiergemeinschaft auswirken. Die Anlage von Maulwurfshügeln und Ähnlichem durchbricht beispielsweise in offenen Graslandgebieten wie Wiesen und Weiden die meist einheitliche Pflanzendecke und ermöglicht so konkurrenzschwachen und stärker lichtabhängigen Pflanzenarten eine Entfaltung, wodurch sich wiederum die Heterogenität und Diversität sowie die Produktivität eines Biotops erhöhen kann. Unter landwirtschaftlichen Aspekten bedeutet dies allerdings oft eine Qualitätsminderung, die mit Problemen bei der Mahd, Ausbreitung von „Unkräutern“ und einer schlechteren Heu- und Silagebildung einhergeht. Die durch die Maulwurfshügel bedingte höhere Vielfältigkeit in der Vegetationsgemeinschaft zieht wiederum Änderungen in der Faunenzusammensetzung nach sich. So bevorzugt unter anderem der Kleine Feuerfalter Bereiche mit Offenboden und hoher Präsenz von Wiesen-Sauerampfer zur Eiablage. Der Wiesen-Sauerampfer, eine der Hauptnahrungspflanzen der Raupe des Schmetterlings, gedeiht wiederum häufig in der Umgebung von Störstellen in der Vegetationsdecke, wie sie Maulwurfshügel darstellen. Ein vergleichbarer Zusammenhang wurde zwischen Maulwurfshügeln, dem Kleinen Odermennig und dem Kleinen Würfel-Dickkopffalter festgestellt. Mitunter zeigen in waldreichen Landschaften Pilze aus der Gattung der Fälblinge Gangsysteme des Europäischen Maulwurfs an, da diese bevorzugt auf den nahe gelegenen Latrinen gedeihen. Aufgelassene Baue werden zudem von zahlreichen anderen Tieren nachgenutzt. Hierbei suchen sie etwa Schutz vor Fressfeinden, profitieren von den besonderen klimatischen Bedingungen oder gehen auf Nahrungssuche beziehungsweise versorgen den eigenen Nachwuchs. Neben Säugetieren wie der Wald- und Zwergspitzmaus oder der Rötelmaus gehören Amphibien wie die Erd- und Knoblauchkröte sowie der Moorfrosch zu den Nutznießern, ebenso wie zahlreiche Wirbellose. Aufgrund dieses Einflusses, den die Aktivitäten des Europäischen Maulwurfs hervorrufen, wird er teilweise als ecosystem engineer („Ökosystem-Ingenieur“) eingestuft.

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Referenzen

1. Europäischer Maulwurf artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ischer_Maulwurf
2. Europäischer Maulwurf auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/41481/22320754

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