Flussperlmuschel
Reich
Stamm
Klasse
Ordnung
Gattung
SPEZIES
Margaritifera margaritifera
Länge
18
7
cminch
cm inch 

Die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) ist eine der großen Süßwasser-Muscheln, die im Deutschland des beginnenden 21. Jahrhunderts als vom Aussterben bedrohte Tierart gilt.

Aussehen

Die Flussperlmuschel ist eines der am längsten lebenden wirbellosen Tiere überhaupt. Das älteste bekannte Exemplar in Europa wurde 1993 in Estland gefangen, als es 134 Jahre alt war.

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Wie alle Muscheln hat die Flussperlmuschel eine Schale, die aus zwei gelenkig miteinander verbundenen Teilen besteht, die geschlossen werden können, um den weichen Körper des Tieres darin zu schützen. Die Schale ist groß, schwer und länglich. Sie ist typischerweise gelblich-braun, wenn sie jung ist und wird mit zunehmendem Alter dunkler. Ältere Teile der Schale erscheinen oft korrodiert, ein Erkennungsmerkmal dieser Muschelart. Die Innenseite der Muschel ist perlweiß, manchmal mit attraktiven schillernden Farben gefärbt. Wie alle Weichtiere hat die Flussperlmuschel einen muskulösen 'Fuß'. Dieser sehr große, weiße Fuß ermöglicht es der Muschel, sich langsam fortzubewegen und sich im Bodensubstrat ihres Süßwasserlebensraums einzugraben.

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Verteilung

Erdkunde

Die Flussperlmuschel kommt fast überall auf der nördlichen Hemisphäre vor, in Europa z. B. von Spanien bis ins nördliche Skandinavien (Polarkreis).

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Bekannte größere Populationen in Deutschland bestanden bis zu den industriebedingten starken Flusswasserverschmutzungen sowohl in Sachsen (z. B. in der Pulsnitz), in Bayern (z. B. im Regen, der Südlichen Regnitz und dem Perlenbach) und in Nordrhein-Westfalen (z. B. im Perlenbach in der Eifel).

Zur Zeit der deutschen Kleinstaaten und Fürstenhöfe bis zum 18. Jahrhundert wurde sie teilweise gezielt angesiedelt und effektiv mit drakonischen Strafen (z. B. Abhacken der Hand) vor Wildfang geschützt, so im Odenwald und in der Eifel nachweisbar. Das Recht zur Suche nach Perlen wurde als Perlregal bezeichnet. Von vor 300 Jahren sind Perlmuschelbänke mit mehr als tausend Tieren pro Quadratmeter bekannt. Mit dem Einmarsch der Franzosen 1794 erlosch das Perlregal in weiten Teilen Deutschlands, wodurch ein Raubbau ermöglicht wurde.

Das bedeutendste Vorkommen in Tschechien ist der Oberlauf des Jankovský potok.

Nur wenige Muscheln enthalten tatsächlich Perlen: Die Angaben reichen von 0,05 % bis zu 4 % (eine Perle auf 2.000 bzw. 25 Muscheln).

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Flussperlmuschel Lebensraum-Karte

Klimazonen

Flussperlmuschel Lebensraum-Karte
Flussperlmuschel
Public Domain Dedication (CC0)

Gewohnheiten und Lebensstil

Die Flussperlmuschel, die bis zu 130 Jahre alt werden kann, beginnt ihr Leben als winzige, nur 0,6 bis 0,7 Millimeter lange Larve, die von einer erwachsenen Muschel in einer Masse von ein bis vier Millionen anderen Larven ins Wasser geschleudert wird. Dieses bemerkenswerte Ereignis findet innerhalb von nur ein bis zwei Tagen statt, irgendwann zwischen Juli und September. Die Larven, die als Glochidien bekannt sind, ähneln winzigen Muscheln, aber ihre winzigen Schalen werden offen gehalten, bis sie auf einem geeigneten Wirt zuschnappen. Der Wirt der Flussperlmuschel-Larven sind Jungfische aus der Familie der Salmoniden, zu der der Atlantische Lachs und die Meerforelle gehören. Die Chancen, dass eine Larve auf einen geeigneten Fisch trifft, sind sehr gering, so dass fast alle weggeschwemmt werden und sterben. Nur einige wenige werden von einem atlantischen Lachs oder einer Meerforelle eingeatmet, wo sie sich an den Kiemen des Fisches festsetzen.

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An den Kiemen eines Fisches haftend, leben und wachsen die Glochidien in dieser sauerstoffreichen Umgebung bis zum folgenden Mai oder Juni, wenn sie abfallen. Die Jungfische müssen auf sauberen kiesigen oder sandigen Substraten landen, wenn sie erfolgreich wachsen sollen. An das Substrat gebunden, behausungen sich die juvenilen Flussperlmuscheln in der Regel vollständig im Sand oder Kies, während die ausgewachsenen Tiere in der Regel mit einem Drittel ihrer Schale an Land gehen. Sollten sie sich verirren, können sich Flussperlmuscheln wieder eingraben und sind außerdem in der Lage, sich mit ihrem großen, muskulösen Fuß langsam über sandige Sedimente zu bewegen.

Die Flussperlmuschel wächst extrem langsam. Sie atmet das Wasser über freiliegende Siphons ein und filtert winzige organische Partikel heraus, von denen sie sich ernährt. Man nimmt an, dass in Gebieten, in denen diese Muschelart früher reichlich vorkam, diese Filterung zur Klärung des Wassers beitrug, wovon andere Arten, die in den Flüssen und Bächen lebten, profitierten. Die Geschlechtsreife wird in einem Alter von 10 bis 15 Jahren erreicht, gefolgt von einer Fortpflanzungszeit von über 75 Jahren, in der etwa 200 Millionen Larven produziert werden können. Jedes Jahr im Frühsommer, etwa im Juni und Juli, geben die männlichen Flussperlmuscheln ihre Spermien ins Wasser ab, wo sie von den weiblichen Muscheln eingeatmet werden. Im Inneren des Weibchens entwickeln sich die befruchteten Eier mehrere Wochen lang in einem Beutel an den Kiemen, bis die Temperatur oder andere Umwelteinflüsse das Weibchen dazu veranlassen, die Larven in das umgebende Wasser zu entlassen.

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Saisonales Verhalten

Fressverhalten und Ernährung

Paarungsgewohnheiten

PAARUNGSVERHALTEN

POPULATION

Populationsgefährdung

Die Flussperlmuschel ist heute in Deutschland sehr selten. Gründe für den Bestandsrückgang sind:

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  • Verschmutzung der Gewässer durch Überdüngung, Abwassereinleitung und Streusalz
  • Versandung der Bäche
  • Verdrängung der Bachforelle, die als Wirtstier der Muschel dient, durch die eingeführte Regenbogenforelle
  • Aussterben des Lachses, der als Wirtstier dient
  • Vernichtung ganzer Bestände durch Perlenräuber in früheren Zeiten
  • neue Fressfeinde durch die Neozoen Bisamratte und Waschbär

In Deutschland ist die Flussperlmuschel als eine nationale Verantwortungsart innerhalb der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung eingestuft. Es gibt noch Vorkommen in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und der Lüneburger Heide.

In Bayern konzentrierte sich die Muschel ursprünglich auf drei Gebiete, von denen heute der Bayerische Wald und Oberfranken noch von Bedeutung sind. In der Oberpfalz gibt es nur noch kleine Restvorkommen. Im Bayerischen Wald ist das Gebiet der linken Donauzuflüsse zwischen Regensburg und Passau zu nennen, die Einzugsgebiete des Regens und der Ilz im ehemaligen Fürstbistum Passau haben besonders reiche Erträge geliefert. Eine Besonderheit stellt das letzte Vorkommen auf Buntsandstein in der Schondra (Bayern) dar.

Das bis 2008 nachgewiesene Vorkommen im Vogelsberg und in der Rhön in Hessen scheint dagegen erloschen zu sein, die Art gilt in der Region offiziell als verschollen, möglicherweise ist sie dort ausgestorben.

In der Lutter – einem Fluss in der Lüneburger Heide – konnten bei dem Naturschutzgroßprojekt „Lutter“ Erfolge bei der Erhaltung der Flussperlmuschel verzeichnet werden. Der Bestand verzeichnet hier, als einziger in ganz Europa, eine positive Entwicklung. Erstmals 1985 wurden in der Lutter gefangene Bachforellen mit Flussperlmuschel-Larven infiziert und in den Bach zurückgesetzt. Diese ersten Maßnahmen blieben allerdings zunächst ohne Erfolg. Die Ursache lag in der unnatürlich hohen Sandfracht der Lutter, was man allerdings erst später feststellte. Die wissenschaftliche Begründung durch Buddensiek (1991) und die Bestätigung in der Praxis durch Abendroth (1993) brachte den Durchbruch. Im Jahr 2008 wurden wieder mehr als 12.000 Muscheln nachgewiesen, Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts 16.500.

In Rheinland-Pfalz gibt es gefährdete Bestände in der Our (Eifel, 100 bis 200 Tiere) und der Nister (Westerwald, 26 Exemplare bekannt). Der Bestand in der Nister wurde wiederentdeckt. Die Tiere sind 60 Jahre und älter. Eine natürliche Vermehrung konnte somit seit 60 Jahren nicht mehr nachgewiesen werden. Sowohl an Our als auch Nister gibt es Bemühungen, die Vermehrung durch das Zusammenbringen von Glochidien und Wirtsfischen in Becken zu unterstützen.

Nach der Einstufung der IUCN gilt die Art weltweit als gefährdet (endangered) (Stand: 1996), wobei die tatsächliche Situation unzureichend bekannt ist. Aufgrund ihrer Verbreitung ausschließlich im dicht besiedelten Europa ist sie neben Gewässerverschmutzung und den oben aufgeführten Faktoren, aufgrund der Vorliebe für kalkarme Bäche bei gleichzeitig recht hohem Kalkbedarf für die Schale zudem durch Gewässerversauerung durch sauer wirkende Industrie- und Autoabgase auch in ansonsten sauberen und naturnahen Gewässern bedroht.

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Erhaltung

Die Flussperlmuschel ist gemäß Bundesartenschutzverordnung eine nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützte Art.

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Zudem ist sie eine Art des Anhangs II und des Anhangs V der FFH-Richtlinie.

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Referenzen

1. Flussperlmuschel artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Flussperlmuschel
2. Flussperlmuschel auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/12799/128686456

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