Langschnabelweih
Reich
Stamm
Klasse
Ordnung
Familie
Gattung
SPEZIES
Chondrohierax uncinatus

Der Langschnabelweih (Chondrohierax uncinatus) ist ein mittelgroßer Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen, der sich auf die Jagd nach baumbewohnenden Schnecken spezialisiert hat. Die vor allem in Süd- und Mittelamerika sowie der Karibik verbreitete Art wurde erstmals im Jahr 1822 durch den niederländischen Zoologen Coenraad Jacob Temminck wissenschaftlich beschrieben. Der deutlich ausgeprägte Polymorphismus des Langschnabelweihs führte in der Vergangenheit zu Verwirrung bezüglich der taxonomischen Einordnung der Art und kann die Identifizierung und Zuordnung einzelner Individuen erheblich erschweren.

Aussehen

Beim Langschnabelweih handelt es sich mit einer durchschnittlichen Größe im Bereich von 41 bis 46 cm bei einem Gewicht von 250 bis 300 g um einen mittelgroßen Vertreter der Habichtartigen. Wie bei vielen Greifvögeln sind die weiblichen Vertreter der Art grundsätzlich etwas größer und schwerer als ihre männlichen Artgenossen, die Unterschiede sind allerdings geringer ausgeprägt als bei den meisten anderen Arten. Neben den Größenunterschieden zeigt der Langschnabelweih auch bei der Färbung des Gefieders einen deutlichen Sexualdimorphismus, darüber hinaus existieren unabhängig vom Geschlecht ungewöhnlich viele weitere morphologische Unterschiede, von denen die Größe des scharfen, gebogenen Schnabels die auffälligste ist. Bei ausgewachsenen Vögeln kommen hier Größenunterschiede von mehr als 40 % vor, ein Zusammenhang zwischen Schnabelgröße und geographischer Verbreitung oder Geschlecht besteht hierbei offenbar nicht. Diese variable Physiologie führte in der Vergangenheit zur Postulierung diverser Arten und Unterarten, die heute nicht mehr als gültig angesehen werden. Neben dem Schnabel, dessen Form den Vögeln gemeinsam mit der Kopfform besonders in sitzender Haltung ein fast papageiartiges Aussehen verleiht, sind die Größe und Form der Flügel das hervorstechendste Merkmal des Langschnabelweihs. Diese wirken kürzer und breiter als bei verwandten Arten, was sehr wahrscheinlich eine Anpassung an den bewaldeten Lebensraum der Vögel darstellt. Um den hierdurch erhöhten Luftwiderstand auszugleichen, stehen die Handschwingen an den Flügelspitzen weit auseinander, was für eine verbesserte Manövrierfähigkeit in beengten Räumen und erhöhte Steiggeschwindigkeit sorgt. Im Flug werden die Flügel leicht nach vorn zum Kopf hin gestreckt, was für ein leicht zu erkennendes Flugmuster sorgt. Des Weiteren ist beim Langschnabelweih das Laufbein deutlich verkürzt.

Mehr anzeigen

Anders als bei den adulten Vögeln liegen bei Jungvögeln nur zwei dezidierte Farbvarianten – eine helle und eine melanistische Morphe – unabhängig vom Geschlecht vor. Melanistische Exemplare unterscheiden sich bereits kurz nach dem Ablegen der Nestlings-Daunen optisch kaum noch von ihren oben beschriebenen adulten Artgenossen. Bei der hellen Variante sind die Federn an Kopf, Schultern, Flügeln und Rücken je nach Individuum einheitlich in dunklen Braun- bis schwachen Grautönen gehalten. An der Brust dominieren Weißtöne, die von bräunlichen Streifen durchzogen sind. Dieses Muster setzt sich in Form eines breiten Bandes entlang des Nackens fort. Die Grundfarbe der Steuerfedern ist ebenfalls weiß bis schwach gräulich. Sie wechselt sich mit einer Reihe breiter Bänder in einem bräunlichen Grau ab.

Weniger anzeigen

Verteilung

Erdkunde

Der Langschnabelweih bewohnt bewaldete Regionen in Süd- und Mittelamerika, wobei tropische und subtropische Wälder bis auf eine Höhe von etwa 1000 m bevorzugt werden. Lokal gelangen jedoch auch Nachweise in temperierten Gebieten auf bis zu 2700 m, in Extremfällen sogar bis auf 3100 m, Höhe. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich von den südlichsten Ausläufern des US-Bundesstaats Texas über Mexiko und Mittelamerika bis in den Süden Brasiliens und den äußersten Norden Argentiniens, weist dabei jedoch große Lücken auf. Die Art gilt in ihrem Fortbestand als insgesamt nicht gefährdet und wird von der IUCN unter dem Status least concern geführt. Die Organisation geht mit Stand 2016 von etwa 200.000 adulten Individuen aus, die Bestandsentwicklung ist jedoch allgemein rückläufig. Als stark vom Aussterben bedroht gilt die auf der Karibikinsel Grenada endemische Unterart C. u. mirus, die in den 1980er-Jahren bereits als ausgestorben galt. Eine Studie in den Jahren 2000 bis 2006 konnte jedoch noch einige wenige Vertreter des Grenada-Langschnabelweihs nachweisen, die auch noch erfolgreiche Brutvorgänge durchführten. Die Forscher gehen noch von einer Restpopulation in der Größenordnung von 15 bis 30 ausgewachsenen Vögeln aus.

Gewohnheiten und Lebensstil

Außerhalb der Brutzeit können Langschnabelweihe vor allem in den Morgenstunden bei relativ kurzen Gleitflügen beobachtet werden, die die Vögel jedoch selten in große Höhen führen. Ruhephasen verbringen sie bevorzugt an eher wenig exponierten Plätzen unterhalb des Blätterdachs. Ihre Lebensweise ist in der Regel weniger solitär als die vieler anderer Greifvögel, besonders an ergiebigen Futterplätzen können Langschnabelweihe gelegentlich in kleinen Gruppen angetroffen werden. Eine Verteidigung des eigenen Territoriums gegenüber anderen Arten findet nur während der Brutzeit statt, wenn sich andere Vögel dem Nest zu sehr nähern. Galt die Art lange Zeit als Standvogel, ist seit Anfang der 2000er-Jahre bekannt, dass zumindest ein gewisser Teil der Population saisonale Migrationen unternimmt. An der Küste von Belize konnte beobachtet werden, dass Langschnabelweihe dabei Schwärme von bis zu 120 Individuen bilden. Die am häufigsten gehörten Lautäußerungen der Art sollen dem Gesang eines Trupials ähneln und hauptsächlich von einem Ast aus vorgetragen werden. Des Weiteren existiert ein Alarm- und Verteidigungsruf, der als laut rasselnd oder keckernd beschrieben wird und in etwa wie wi-i-i-i-i-i-i-i-uh oder weh keh-eh-eh-eh-eh-eh klingen soll.

Lebensstil
Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Der Langschnabelweih hat sich auf die Jagd nach baumbewohnenden Schnecken spezialisiert, die mehr als 90 % der Ernährung ausmachen. Besonders häufig werden die Arten Orthalicus princeps, Helicina rostrata sowie verschiedene Drymaeus-Arten verzehrt. Des Weiteren werden selten auch Land- oder Wasserschnecken erbeutet. Ältere Beschreibungen führen häufig noch Frösche, Kröten, Salamander, Vögel, Insekten oder Raupen als Beutetiere auf, aktuellere Beobachtungen über längere Zeiträume konnten jedoch lediglich die gelegentliche Aufnahme von Salamandern und – in einem einzelnen Fall – Fröschen oder Kröten bestätigen. Whitacre und Vásquez (2012) spekulieren, dass es sich bei den übrigen Beutetieren um eine fehlerhafte Beobachtung handelt, die anschließend von Forscher zu Forscher übernommen wurde. Um an das Fleisch der gefangenen Schnecken zu gelangen, nutzt der Langschnabelweih eine ungewöhnliche Technik, die von keinem anderen schneckenfressenden Greifvogel bekannt ist. Die Schnecke wird – fast immer mit dem linken Fuß – mit der Öffnung nach oben auf einem Ast fixiert, woraufhin der Vogel zunächst mit der Spitze des stark gebogenen Schnabels die feste, schließende Membran aus der Öffnung entfernt. Anschließend verbreitert er die Öffnung, indem er Teile aus dem Rand der Schale herausbricht. Ist die Öffnung groß genug, steckt der Vogel die obere Mandibel des Schnabels hinein und beginnt damit, die einzelnen Abschnitte des Spindelinneren nacheinander aufzubrechen. Dieser Vorgang hinterlässt am Panzer der Schnecke einen unverwechselbaren Schaden und wird solange fortgesetzt, bis die Schnecke herausgezogen oder -gehebelt werden kann. Die variable Größe und Krümmung des Schnabels des Langschnabelweihs hängen offenbar direkt mit der maximalen Größe der in einer Region verfügbaren Schneckenpopulationen zusammen. Kommen in einem Gebiet sowohl kleinere als auch größere Schneckenarten vor, sind in diesem auch Langschnabelweihe mit großen und kleinen Schnäbeln sympatrisch anzutreffen. Bemerkenswert ist hierbei, dass es in diesen Fällen offenbar keine Zwischenformen, also Vögel mit „mittelgroßen“ Schnäbeln zu geben scheint. Ein Forschungsbericht aus dem Jahr 1950 beschreibt das Verhalten einer Gruppe von fünf Fischertukanen in Panama, die einem Langschnabelweih über längere Zeit bei der Nahrungssuche folgten und offenbar mit dessen Hilfe ergiebige Futterstellen ausfindig machen wollten. Ob es sich hierbei um einen Einzelfall handelt, oder Langschnabelweihe regelmäßig von anderen Arten als Futterindikatoren genutzt werden, ist unbekannt.

Paarungsgewohnheiten

Die Brutzeit beginnt üblicherweise im März und kann sich bis in den Juli hinein erstrecken. Als Nest dient eine flache Plattform aus Ästen mit einem Durchmesser von etwa 30 cm, die typischerweise in einem Baum etwa einen bis zwei Meter unterhalb der Spitze errichtet wird. Beide Geschlechter beteiligen sich gleichermaßen am Bau der Konstruktion. Nach der Kopulation legt das Weibchen typischerweise zwei, sehr selten auch drei Eier, mit einer durchschnittlichen Größe von 45,0 × 36,5 mm. Ihr Gewicht liegt bei etwa 32 bis 35 g. Auch die Bebrütung der Eier sowie die anschließende Versorgung der Jungvögel erfolgt durch beide Elterntiere gleichermaßen. Bei männlichen Langschnabelweihen konnte die Ausbildung eines Brutflecks nachgewiesen werden. Die Inkubationsdauer der Eier variiert von Nest zu Nest, Beobachtungen reichen von 24 bis 33 Tagen. Wie lange die Nachkommen nach dem Schlüpfen von den Altvögeln abhängig bleiben ist unbekannt, zumindest für eine gewisse Zeit scheinen die Jungvögel den Eltern allerdings noch zu folgen. Es existieren Berichte von Familiengruppen aus Texas, die noch in den Wintermonaten gemeinsam gesichtet wurden.

POPULATION

Referenzen

1. Langschnabelweih artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Langschnabelweih
2. Langschnabelweih auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22694971/168997614
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/694782

Mehr faszinierende Tiere zum Kennenlernen