Nördliche seebär
Der Nördliche Seebär (Callorhinus ursinus) ist eine im nördlichen Pazifik beheimatete Ohrenrobbe. Mit den Südlichen Seebären hat er das wollige Fell gemein, ist mit ihnen aber nicht besonders eng verwandt.
Zwischen Männchen und Weibchen gibt es erhebliche Unterschiede in Größe, Gewicht und Färbung. Die Kühe sind oberseits graubraun und unterseits rotbraun gefärbt, messen etwa 140 cm und sind 43 bis 50 kg schwer. Ausgewachsene Bullen sind oberseits dunkelbraun oder grau, und unterseits rötlichbraun; sie tragen eine Mähne und werden über 2 m groß und 181 bis 272 kg schwer.
Wie die südlichen Seebären hat auch diese Art eine relativ spitz zulaufende Schnauze und dichte Unterwolle, unterscheidet sich jedoch von ihnen durch eine andere Kopfform, längere Hinterflossen und weitgehend nackte Vorderflossen.
Die Kolonien, in denen im Sommer die Fortpflanzung stattfindet, beschränken sich auf einige wenige Inseln im Beringmeer und im Nordpazifik. Große Kolonien findet man auf den Pribilof Islands und Kommandeurinseln im Beringmeer, der Tjuleni-Insel im Ochotskischen Meer, den Kurilen sowie auf der zu den kalifornischen Channel Islands gehörenden San Miguel Island.
Außerhalb der Fortpflanzungszeit wandern Seebären weit umher. Manche legen dabei Strecken von 10.000 km und mehr zurück. Sie verbringen manchmal mehrere Tage auf dem Meer, ehe sie sich zum Ausruhen an Land begeben. Diese winterlichen Aufenthaltsorte liegen an der gesamten nordamerikanischen Westküste sowie an den Küsten Kamtschatkas, Japans und Koreas.
Nördliche Seebären suchen vorwiegend nachts nach Beute. Ihre Tauchgänge führen sie regelmäßig in Tiefen von 70 m, manchmal sogar 200 m. Hierbei suchen sie nach Fischen und Tintenfischen. In der Beringsee stellen junge Köhler die Hauptbeute in Küstennähe, Tintenfische hingegen auf dem offenen Meer. Ebenfalls oft erbeutet werden Sardellen, Lodden und Heringe.
Zur Fortpflanzungszeit, auf den Pribilof Islands Anfang Juni, finden sich die Bullen auf den Kolonieinseln ein. Sie versuchen, sich frühzeitig ein Stück Küste zu sichern. Wenn der Platz eng wird, kommt es zwischen rivalisierenden Männchen zu Kämpfen. Hierbei werden jüngere und schwächere Bullen an unattraktive Plätze gedrängt, die weit landeinwärts oder am Rand der Kolonie liegen. Die stärksten Bullen halten dagegen die küstennahen Plätze in der Mitte der zukünftigen Kolonie.
Etwa zwei Wochen nach den Bullen treffen die Weibchen ein. Die Stelle, an der sie an Land gehen, bestimmt, zu welchem Harem sie gehören. Ein Männchen wacht über eine bis hundert Kühe. Ein durchschnittlicher Harem umfasst vierzig Weibchen.
Die Weibchen gebären ihre Jungen etwa zwei Tage, nachdem sie an Land gegangen sind. Nur wenige Tage darauf paaren sie sich mit dem Bullen ihres Territoriums. Die Tragzeit beträgt fast ein ganzes Jahr, beinhaltet aber eine viermonatige Keimruhe, während der die Entwicklung der befruchteten Eizelle vorübergehend unterbrochen ist. Die Jungen sind bei der Geburt etwa 65 cm groß, haben ein schwarzes Fell und sind sofort schwimmfähig. Normalerweise gehen sie aber im ersten Monat ihres Lebens nicht ins Wasser. Sie werden drei bis vier Monate lang von der Mutter gesäugt, die ihre Jungen am Geruch wiedererkennt. Bullen zeigen an den Jungen kein Interesse.
Geschlechtsreif werden Nördliche Seebären im Alter von drei bis sieben Jahren (Weibchen) bzw. fünf bis sechs Jahren (Männchen). Bullen können allerdings erst im Alter von wenigstens zehn Jahren ein Territorium aufrechterhalten und werden sich vorher kaum paaren können. Die Lebensdauer wird auf 20 bis 25, in Ausnahmefällen 30 Jahre geschätzt.
Diese Robben sind Fleischfresser (Fischfresser) und ernähren sich hauptsächlich von pelagischen Fischen und Tintenfischen, je nach Verfügbarkeit vor Ort.
Diese Robben sind polygyn und in einer Saison kann sich ein Männchen mit bis zu 50 Weibchen paaren. Die Weibchen kommen Ende Juni für einen Monat an die Küste. Die Männchen haben dann bereits ihr Revier abgesteckt. Nach einer Tragezeit von 51 Wochen bringen die Weibchen normalerweise nur ein Junges pro Saison zur Welt. Einige Tage nach der Geburt geht das Weibchen für 8 bis 14 Tage ins Meer, um sich zu ernähren, und kehrt dann zurück, um ihr Junges zu säugen, das während dieser Abwesenheit genug Milch zu sich nehmen muss, um zu überleben. Die Welpen werden im Alter von etwa 4 Monaten entwöhnt. Zu diesem Zeitpunkt verlassen die Mütter die Insel, um für den Winter in den Süden zu wandern. Die Weibchen sind zwischen 4 und 6 Jahren geschlechtsreif, die Männchen zwischen 8 und 10 Jahren.
Historisch gesehen ist der Mensch die größte Bedrohung für diese Robbe. Sie wurden hauptsächlich wegen ihrer Felle gejagt. Die kommerzielle Jagd wurde bis 1984 fortgesetzt. Die Ureinwohner Alaskas dürfen immer noch auf diese Robbe jagen und mindestens 200-500 Robben werden jedes Jahr gefangen. Weitere Bedrohungen sind der Beifang in Fanggeräten, das Verfangen in Meeresmüll, Störungen durch Schiffe, der Verlust von Lebensraum und der Klimawandel, die Verfügbarkeit von Beutetieren und Umweltschadstoffe.
Laut IUCN wurde die Population der Nördlichen Seebären im Jahr 2014 auf 1 - 1,3 Millionen geschätzt, von denen die meisten auf den Pribilof-Inseln im südlichen Beringmeer brüten. Die Commander-Inseln sind der zweitgrößte Brutplatz für die Nördlichen Seebären, wo etwa 225.000 Tiere brüten. Kleinere Gebiete sind die Tyuleniy-Insel im Ochotskischen Meer (55.000 - 65.000 Robben), die zentralen Kurilen (50.000 - 55.000), die Bogoslof-Insel auf den Aleuten (5.000) und die San-Miguel-Insel vor Südkalifornien (4.300). Die ICUN stuft die Nördliche Seebär-Robbe als "gefährdet" ein, ihre Population ist derzeit abnehmend.
Nördliche Seebären sind Prädatoren von Schwarmfischen und Tintenfischen und stellen eine wichtige Nahrungsquelle für mehrere größere Meerestiere dar.