Anatolische leopard, Kleinasiatischer leopard
Der anatolische Leopard ist dem persischen Leoparden in Aussehen und Fellfärbung sehr ähnlich. Seine Kopf-Rumpf-Länge beträgt 100 bis 150 cm, die Schwanzlänge 60 bis 70 cm. Das Gewicht kann bis zu 90 kg betragen.
Anfangs galt der Lebensraum als beschränkt auf den Westen der Türkei. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des anatolischen Leoparden war aber wohl der ägäische Raum der Türkei, die Region um Adana, die Region des Euphrats, der Nordosten des Landes und die Berge südlich des Vansees.
1974 wurde ein Leopard in Bağözü bei Beypazarı getötet, als er eine Frau angriff. 30 Jahre lang galt dies als letzte bestätigte Sichtung eines Leoparden. Da es seit den 1980er Jahren in dieser Region gar keine Sichtungen von Leoparden mehr gab, zweifelten Zoologen, ob es dort noch Leoparden gäbe. Sichtungsberichte aus der Region um Alanya im Südwesten der Türkei führten zu Vermutungen, dass es in den 1990er Jahren noch eine kleine Population zwischen Finike, Antalya und Alanya geben könnte. Frische Kotspuren wurden 1992 dann im Nationalpark Termessos gefunden. Untersuchungen und Befragungen Mitte der 2000er Jahre legten allerdings nahe, dass es zu diesem Zeitpunkt auch hier keine Exemplare mehr gab.
Während Untersuchungen in den Jahren 1993 bis 2002 fanden Zoologen Hinweise darauf, dass es in den höheren Waldgebieten und den alpinen Zonen des Pontischen Gebirges im nördlichen Anatolien noch Leoparden geben könnte, deren Unterart-Zugehörigkeit allerdings unbekannt ist. In dieser Region gehören zu den möglichen Beutetieren Huftiere, wie Hirsche, Gämse, Ziegen, Wildschweine, aber auch Feldhasen und Kaukasus-Birkhühner. Auch im georgischen Nationalpark Tuscheti soll es Exemplare geben.
2010 wurde ein Leopard in der Provinz Siirt getötet. Die erste Fotografie eines anatolischen Leoparden gelang im September 2013 mit einer Kamerafalle in der Provinz Trabzon am Schwarzen Meer. Im November 2013 wurde ein Leopard aus Selbstschutz in der Provinz Diyarbakır getötet. Eine DNA-Analyse ergab, dass es sich allerdings um einen persischen Leoparden handelte.
Heute ist unklar, ob es noch eine nennenswerte Population der Tiere in der Türkei gibt. Es ist davon auszugehen, dass Trophäenjagden wohl als wesentlicher Faktor für das Aussterben der Tiere verantwortlich sind. So tötete alleine ein Jäger zwischen 1930 und 1950 mindestens 15 Leoparden.
Über das Verhalten der Anatolischen Leoparden ist nur wenig bekannt. Im Allgemeinen leben diese Tiere solitär. Wenn Leoparden zufällig aufeinander treffen, kann es zu einem Kampf zwischen ihnen kommen. Normalerweise stößt das Tier einen raspelnden oder sägenden Husten aus, um andere Leoparden über seine Anwesenheit zu informieren. Die Heimatgebiete von Leoparden überschneiden sich in der Regel. So kann sich der Lebensraum eines männlichen Leoparden oft mit den Revieren mehrerer weiblicher Tiere überschneiden. Die Weibchen leben mit ihren Jungen in Revieren, die sich weitgehend überschneiden, und interagieren auch nach der Entwöhnung noch mit ihrem Nachwuchs; Weibchen können sogar erlegte Tiere mit ihrem Nachwuchs teilen, wenn sie keine Beute finden. Leoparden sind hauptsächlich von der Abenddämmerung bis zur Morgendämmerung aktiv und ruhen die meiste Zeit des Tages und einige Stunden in der Nacht in Dickichten, zwischen Felsen oder über Baumzweigen. In einigen Regionen sind sie auch nachtaktiv. Leoparden jagen in der Regel auf dem Boden und verlassen sich bei der Jagd hauptsächlich auf ihren scharfen Hör- und Sehsinn. Sie pirschen sich an ihre Beute heran und versuchen, sich ihr so weit wie möglich zu nähern, in der Regel bis auf 5 m an das Ziel heranzukommen, um sich schließlich auf sie zu stürzen und sie durch Ersticken zu töten. Leoparden geben eine Reihe von Lautäußerungen von sich, darunter Knurren, Knurren, Miauen und Schnurren. Jungtiere rufen ihre Mutter mit einem 'urr-urr'-Laut. Um Eindringlinge zu warnen, kratzen Leoparden gewöhnlich an Bäumen und hinterlassen Kratzspuren. Da sie einen hoch entwickelten Geruchssinn haben, verwenden sie außerdem oft Duftmarken.
Anatolische Leoparden sind Fleischfresser und ihre Ernährung variiert je nach ihrem Lebensraum. In Südarmenien und im Iran ernähren sie sich hauptsächlich von wilden Ziegen, Mufflons, Wildschweinen, Rehen, Kropfgazellen, Indischen Weißschwanz-Stachelschweinen und europäischen Hasen. Gelegentlich greifen sie auch Nutztiere und Herdenschutzhunde an. Im Iran ist das Vorkommen von Leoparden eng mit dem Vorkommen von Wildziegen und Wildschafen verbunden. In der Türkei machen sie auch Jagd auf Gämsen.
Es gibt nur wenige Informationen über das Paarungsverhalten von Anatolischen Leoparden. Es ist jedoch bekannt, dass ihre Paarungszeit von Mitte Januar bis Mitte Februar dauert. Im Allgemeinen haben Leoparden ein polygynes (promiskuitives) Paarungssystem, bei dem sich sowohl Männchen als auch Weibchen mit mehreren Partnern paaren. Die Trächtigkeit dauert 90-105 Tage und bringt 2 bis 4 Jungtiere hervor. Die Weibchen gebären in einer Höhle, einer Felsspalte, einem hohlen Baum oder einem Dickicht. Die Jungtiere werden mit geschlossenen Augen geboren, die sich 4 bis 9 Tage nach der Geburt öffnen. Da sie in der Wildnis extrem verletzlich sind, bleiben die Jungtiere versteckt und leben an einem abgelegenen Ort, der mit dichter Vegetation bedeckt ist. Im Alter von 6-8 Wochen bekommen die Jungtiere ihr dunkles, wolliges Fell, das mit unscharfen Flecken bedeckt ist, die den jungen Leoparden als Tarnung dienen und es ihnen ermöglichen, ihrer Mutter zu folgen. Im Alter von 3 Monaten werden die Jungtiere entwöhnt und begleiten ihre Mutter auf der Jagd. Im Allgemeinen bleiben sie 18-24 Monate bei ihrer Mutter, bevor sie ihr eigenes Revier aufsuchen. Junge Leoparden beginnen mit der Fortpflanzung, wenn sie zwischen 2 und 3 Jahre alt sind.
Anatolische Leoparden sind durch Wilderei, die Erschöpfung der Beutebasis aufgrund von Wilderei und menschliche Störungen wie die Anwesenheit von Militär und die Ausbildung von Truppen in Grenzgebieten bedroht. Sie leiden auch unter dem Verlust ihres Lebensraums aufgrund von Abholzung, Bränden, landwirtschaftlicher Ausdehnung, Überweidung und Infrastrukturentwicklung. In den 1980er Jahren wurden entlang des nördlichen Teils der iranisch-irakischen Grenze Antipersonenminen verlegt, um Menschen davon abzuhalten, das Gebiet zu betreten. Leoparden, die in diesem Gebiet umherstreifen, sind vor Wilderern und industrieller Entwicklung sicher, aber es ist bekannt, dass mindestens zwei Individuen auf Minen getreten sind und getötet wurden. Die größte Bedrohung im Nordirak ist die Abholzung der Wälder, die Anfang der 2020er Jahre durch eine Wirtschaftskrise noch verschlimmert wird. Dürren in weiten Teilen der Lebensräume der Leoparden beeinträchtigen die wichtigsten Beutetiere wie Wildziegen und Wildschafe.
Laut der Roten Liste der IUCN beläuft sich die Gesamtpopulation des Anatolischen Leoparden auf 800-1.000 Individuen. Derzeit wird er auf der Roten Liste der IUCN als Stark gefährdet (EN) eingestuft und die Zahl der Leoparden ist heute abnehmend.
Leoparden spielen eine sehr wichtige Rolle in ihrem heimischen Ökosystem, da sie die Anzahl und Gesundheit der Populationen ihrer Beutetiere kontrollieren.
