Kanarienvogel
Reich
Stamm
Klasse
Ordnung
Familie
Unterfamilie
Gattung
SPEZIES
Serinus canaria domestica

Der Kanarienvogel (Serinus canaria forma domestica), auch Kanarie, süddeutsch und österreichisch Kanari, stammt vom Kanarengirlitz (Serinus canaria) ab.Die Domestikation des Kanarengirlitzes zum Kanarienvogel begann nach der Entdeckung und Eroberung der Kanarischen Inseln sowie der Entdeckung der Azoren und der Insel Madeira durch die Europäer im 15. Jahrhundert.

Mehr anzeigen

Heute gibt es vom Kanarienvogel viele Rassen und Farbschläge, die sich in ihrem Gesang (Gesangskanarien), in ihrer Gestalt und Gefiedertextur (Positurkanarien) oder in ihrer Farbe (Farbenkanarien) unterscheiden.

Gesangskanarien sind die einzigen Haustiere, bei denen die Stimme und Lautäußerungen züchterisch verändert wurden. Die Gesangskanarienrasse Harzer Roller gelangte in dieser Hinsicht zu Weltruhm.

Weniger anzeigen

In der Kultur

Georg Philipp Telemanns Kanarienvogel-Kantate von 1737 ist eine Trauermusik für einen verstorbenen Singvogel. Carl Zellers Operette Der Vogelhändler erzählt aus der Zeit der Tiroler Kanarienvogelzucht im 18. Jahrhundert. In den Kindertotenliedern von Friedrich Rückert lautet eine Zeile „Der Kanarienvogel büßt“.

Mehr anzeigen

Wilhelm Busch zeigt in der Zeichnung Monsieur Jacques à Paris während der Belagerung im Jahre 1870 (1870) in den Fliegenden Blättern (1859–1871) einen Mann mit seinem Kanarienvogel. Der belgische Maler Luc Tuymans hat in einem seiner Werke als Motiv einen Kanarienvogel und einen Blumentopf zusammengebracht. Auch Johann Aldabert Angermeyer setzt ihn in dem Gemälde Blumenstilleben mit Kanarienvogel in einen ähnlichen Zusammenhang. Zdenka Brock widmet sich dem Tier in dem abstrakten Bild „Unser Kanarienvogel singt so schön“. Leif Trenkler hat in seinem meterlangen skurrilen Bild Hyde Park mit rotem Kanarienvogel die Vielschichtigkeit elektronischer Popmusik festgehalten. Die New Yorker Dadaistin Elsa von Freytag-Loringhoven benutzte ihren Körper als Leinwand und schockierte die Öffentlichkeit, wenn sie etwa einen Büstenhalter aus Tomatensuppendosen trug, an dem ein Vogelkäfig mit einem Kanarienvogel baumelte, und sich auf den Po eine leuchtende Glühlampe montierte. Die Porzellanmanufaktur Meißen erstellte 1732 den Entwurf eines gelben Kanarienvogels, den sie zwischen 1947 und 1954 zur Ausführung brachte.

Johann Wolfgang von Goethe erwähnt einen gelben Kanarienvogel als Lilies Haustier in Das Märchen, der letzten Erzählung aus dem Novellenzyklus Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter von 1795. Dieser wird durch einen Habicht getötet und zusammen mit dem Geliebten durch die Selbstaufopferung der Schlange wiedererweckt.In Wilhelm Heys Fabeln Der Kanarienvogel und Der Kanarienvogel und die Henne steht dieser Vogel im Mittelpunkt. In Michael Endes Roman Momo und der gleichnamigen Verfilmung bringt die Titelheldin einen verstummten (gelben) Kanarienvogel durch geduldiges Zuhören zum Singen. Im Kinderbuch Der blaue Hut und der gelbe Kanarienvogel von Martin Ebbertz ist die Titelfigur ein sprechendes Stofftier. In Michel Houellebecqs Roman Elementarteilchen findet der erwachsene Michel Djerzinski nach der Rückkehr in die Wohnung seinen Kanarienvogel, zu dem er eine innigere Beziehung als zu irgendeinem Menschen gehabt hat, tot im Käfig.

S. Aden schrieb (unter dem Pseudonym S. von Adelung) Piepser, der Kanarienvogel, Schnurr, das Kätzchen, und Klein Mariechen, ein buntes Bilderbuch mit lustigen Reimen. Peter Schössow beschreibt in seinem Bilderbuch Gehört das so??! Die Geschichte von Elvis wie ein Kind mit dem Tod seines Kanarienvogels umgeht. Antje Reetz schrieb das Kinderbuch Ein Kanarienvogel singt wieder.

Die Theaterstücke Der stumme Kanarienvogel und Die Katze und der Kanarienvogel, wobei das letztgenannte verfilmt worden ist, tragen diesen Vogel sinnbildhaft im Titel. Im Fernsehfilm Der Hahn ist tot (2000) hält die Hauptperson Rosemarie einen Kanarienvogel. In der Mitte des 20. Jahrhunderts zeigten Cartoons Hauskatzen, die Kanarienvögel jagten, wobei Warner Brothers' Sylvester und Tweety den größten Erfolg hatte.

Norwich City, ein englischer Fußballverein, ist auch als The Canaries bekannt, so dass ein gelber Kanarienvogel auf grünem Grund als Maskottchen das Vereinswappen ziert. Der Grund dafür liegt darin, dass Norwich früher ein berühmtes Zucht- und Handelszentrum dieser Vögel war und diese Zuchttiere das ehemalige Haustier der Webergilde der Stadt stellten.

Fenerbahçe Istanbul, der türkische Fußball-Rekordmeister, ist auch als Sari Kanarya (Gelber Kanarienvogel) bekannt. Unter Fans und in der Presse wird dieser Name auch häufig verwendet. Grund dafür ist vermutlich die gelbe Färbung der Vögel. Die Vereinsfarben von Fenerbahce Istanbul sind gelb und marineblau, wobei die Farbe gelb klar dominiert.

Der norwegische Fußballverein Lillestrøm SK ist als Kanarifuglene bekannt. Die Vereinsfarben sind dementsprechend überwiegend gelb (mit schwarz). Der Supporter-Club vom LSK nennt sich Kanari-Fansen.

Weniger anzeigen

Aussehen

Der Kanarienvogel ist etwas größer als sein wilder Vorfahre, der Kanarengirlitz. Gesangs- und Farbenkanarienvögel sind etwa 13,5 cm bis 14,5 cm groß. Positurkanarienvögel gibt es von 11 cm bis 23 cm Länge.

Mehr anzeigen

Die bekannteste Gefiederfarbe der Kanarienvögel ist das „Kanariengelb“. Jedoch gibt es heute eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Gefiederfarben (z. B. weiß, rot, braun, hellbraun). Um 1920 wurden Kapuzenzeisige in die damals nur gelbgrundigen Kanarienvögel eingekreuzt. Seither gibt es Kanarienvögel mit roter Gefiederfarbe. Einige Züchtungen tragen auch eine Haube oder haben besondere Gefiederfrisuren.

Weniger anzeigen

Video

Erdkunde

Gewohnheiten und Lebensstil

Kanarienvögel sind tagaktive Tiere. Sie verlassen ihren Schlafast mit Tagesbeginn, mit Sonnenuntergang suchen sie ihn wieder auf. Die Aktivitätsphase wird häufig durch Ruhe- und Putzphasen unterbrochen.Kanarienvögel sind außerhalb der Brutzeit friedliche und verträgliche Vögel und können in dieser Zeit in einer Voliere als Gruppe gehalten werden. Anfangs wird eine Rangordnung in der Gruppe erkämpft. Steht die Rangordnung fest, kommt es nur selten zu Streitigkeiten. Meist wird um begehrtes Futter oder einen bevorzugten Sitzplatz gestritten. Oft beschränkt sich der Streit auf gegenseitiges Drohen, wonach der Unterlegene aufgibt. Andere Artgenossen werden mit aufgerissenem Schnabel und angehobenen Flügeln bedroht. Reagiert der Artgenosse nicht darauf, wird mit dem Schnabel nach ihm gehackt und letztendlich heftig angegriffen. Das Wetzen des Schnabels an einem Ast kann zur Beschwichtigung aggressiver Artgenossen dienen. Ergibt sich einer der Rivalen, duckt er sich mit eng angelegten Gefieder.Kanarienvögel achten immer auf einen individuellen Abstand zueinander, den auch verpaarte Partner konsequent einhalten und verteidigen.

Mehr anzeigen

Zur Brutzeit bilden die Hähne Reviere und verteidigen diese oft vehement, es kommt zu Schnabelgefechten und Verfolgungsjagden, die durchaus blutig werden können. Deshalb dürfen in dieser Zeit nicht mehrere Männchen in einer Voliere gehalten werden.

Kanarienvögel kommunizieren über Rufe und auch Gesang.Kanarienvögel reagieren auf die Warnlaute anderer Vögel, verstehen also artfremde Laute. Das ist z. B. der Fall, wenn sich Fressfeinde nähern. Das kann in einer Voliere oder in einem Käfig durchaus zur Panik führen, da die in der Natur vorhandenen Versteckmöglichkeiten dort oft fehlen.

Der Kanarienvogel hat eine ausgeprägte Körpersprache. Mit einem aufgesperrten Schnabel, hängenden und zitternden Flügeln wird um Futter gebettelt. In der Balz dient dieses Verhalten auch der Paarbildung. Wenn Kanarienvögel gegenseitige Zuneigung bekunden wollen, schnäbeln sie miteinander. Ein ausgiebiges gegenseitiges Putzen, wie wir es etwa von Prachtfinken kennen, ist bei Kanarienvögeln nicht ausgeprägt.

Weniger anzeigen

Fressverhalten und Ernährung

Täglich nimmt der Kanarienvogel in Abhängigkeit von Umgebungstemperatur und Futterbeschaffenheit 10 bis 20 Prozent des Körpergewichtes an Wasser auf.

Mehr anzeigen

Während der Mauser und der Eibildung ist ein erhöhter Bedarf an tierischem Eiweiß vorhanden. Im Handel gibt es ausgewogene Ei- und Weichfuttermischungen, denen kein gekochtes Ei beigefügt werden muss.

Ein erhöhter Bedarf an Mineralstoffen besteht zu Zeiten des Wachstums, der Mauser und der Legetätigkeit.

Weniger anzeigen

Paarungsgewohnheiten

Die Brutzeit des Kanarienvogels beginnt im Frühjahr. Die Männchen verstärken den Gesang und tragen auch Verfolgungsflüge und Schnabelgefechte aus. Jedoch können Kanarienvögel im Haus zu jeder Jahreszeit in Brutstimmung kommen und brüten.

Mehr anzeigen

Das Weibchen lässt häufig seinen trillernden Lockruf hören und schlägt mit den Flügeln. Es ist ständig in Bewegung. Ist das Weibchen brutlustig, nimmt es Nestbaumaterial in den Schnabel und sucht einen geeigneten Nistplatz (Nestbauzeremoniell). Die Paarung dauert ein bis zwei Sekunden.

Das Weibchen baut das Nest in Nestunterlagen in Form von Körbchen oder halboffenen Nistkästen. Zum Nestbau verwenden Kanarienvögel alle Materialien, die ihnen der Vogelhalter bietet. Geeignet sind Materialien aus der Natur (Grashalme, Moos, Tierhaare, Wolle, Federn usw.) oder speziell für Ziervögel gedachte Nestbaumaterialien, wie Kokosfasern, Holzwolle (für den Nestunterbau) und Scharpie (zum Auskleiden des Nestes).Während des Nestbaus singt das Männchen ausdauernd und füttert sein Weibchen.

Sobald das Weibchen sein Nest fertiggestellt hat, legt es, fast immer am frühen Morgen, das erste Ei. Meist erhebt sich die Henne beim Auspressen des Eies und steht mit geöffnetem Schnabel im Nest. Danach setzt sie sich erschöpft hin und ruht sich aus. Das Gelege ist mit drei bis fünf Eiern vollständig. Die Eier sind blassmeergrün und zeigen rötlich-braune Flecken am stumpfen Pol. Zwei bis drei Bruten in einem Sommer sind üblich.

Die Kanarienvögel beginnen oft bereits nach der Ablage des ersten Eies mit dem Brüten. Das führt dazu, dass die Jungen nacheinander schlüpfen und Spätlinge wenig Überlebenschancen haben. Deshalb wird täglich das gelegte Ei durch ein Kunststoffei ersetzt. Nach der Ablage des vierten Eies bekommt das brütende Weibchen die eigenen Eier zurück. Somit schlüpfen alle Jungen an einem Tag und haben gleiche Entwicklungschancen.

Bei Kanarienvögeln ist es üblich, dass das Weibchen allein brütet und nicht vom Männchen abgelöst wird. Es verlässt das Nest mehrmals am Tag, um Kot abzusetzen und zu trinken. Die restliche Zeit versorgt das Männchen das Weibchen mit Nahrung aus seinem Kropf. Die Weibchen sitzen meist sehr fest und ausdauernd auf den Eiern und lassen sich, bei ruhigem Umgang, nur wenig im Brutgeschäft stören. Die Brutzeit dauert 13 bis 14 Tage, je nach Bruterfahrung der Henne. Bei einer unerfahrenen Henne kann es eventuell länger dauern als bei einer erfahrenen, weil sie noch nicht so fest auf den Eiern sitzt.

Bei gut harmonierenden Paaren sind meist alle Eier der Kanarienvögel befruchtet. Nach etwa 6 Tagen erkennt man bei befruchteten Eiern den Embryo als dunklen Fleck, wenn man das Ei gegen das Licht einer Glühlampe oder Taschenlampe, hält. Unbefruchtete Eier sind klar und durchsichtig.

Am Schlupftag leben die Jungen vom Dottersack, sie werden vom Weibchen gehudert und erst am nächsten Tag gefüttert. In den ersten Lebenstagen der Jungen übernimmt das Männchen die Futterbeschaffung und übergibt das Futter aus seinem Kropf dem Weibchen. Das Weibchen würgt dieses Futter aus dem Kropf hervor und füttert die Jungen mit dem doppelt vorgeweichten Nahrungsbrei. In dieser Phase benötigen die Jungvögel zusätzlich tierisches Eiweiß. Das Weibchen hält das Nest sauber, indem sie den Kot ihrer Kinder frisst. Nach vier bis fünf Tagen füttert das Männchen die Jungen auch schon direkt mit der herbeigeschafften Nahrung. Nach etwa einer Woche stemmen sich die Jungen hoch und setzen ihren Kot auf den Nestrand ab. Nach dem 14. Lebenstag regt sich der Fluchttrieb, so dass bei drohender Gefahr die Jungen vor Schreck aus dem Nest springen und sich verletzen können. Am 16. Tag verlassen die Jungen das Nest, werden aber bis zum 30. Tag noch von ihren Eltern gefüttert. Oft versorgt das Männchen die Jungen allein und bringt ihnen bei, auf Nahrungssuche zu gehen und selbstständig zu fressen. Währenddessen beginnt das Weibchen mit der zweiten Brut.

Nach drei bis vier Monaten haben die inzwischen selbständigen Jungvögel die Jugendmauser, in der nur das Kleingefieder ohne Flügel- und Schwanzfedern ausgetauscht wird, abgeschlossen und sind geschlechtsreif. Die Lebenserwartung des Kanarienvogels beträgt 6 bis 10 Jahre. Der Rekord liegt bei 34 Jahren.

Weniger anzeigen

POPULATION

Populationsgefährdung

Am häufigsten erkranken Kanarienvögel an Parasiten. Durch stressbedingte Abwehrschwächen vermehren sich die im Darm vorhandenen Bakterien (Salmonellen, Escherichia coli) derart, dass es zu einer bakteriell bedingten Darmentzündung kommt. Der erkrankte Kanarienvogel hat Durchfall und stirbt innerhalb weniger Tage durch Austrocknung. Weitere Erkrankungen sind Flügel-, Bein- und Zehenbrüche. Doch auch ein Grauer Star kann auftreten.

Mehr anzeigen

Eine weitere Krankheitsursache ist das Kanarienpocken-Virus. Die Ansteckung erfolgt durch infizierte Vögel oder durch Mücken als Überträger. Die Inkubationszeit beträgt drei bis 16 Tage. Kennzeichnend für diese Krankheit sind Knötchen an den Hornteilen und an den Schnabelwinkeln, schwere Atemstörungen und Erstickungstod oder Überleben als Virusträger. Schwer zu diagnostizieren und meldepflichtig ist die Ornithose, die keine eindeutigen Symptome zeigt. Kennzeichen über einen längeren Zeitraum sind Beschwerden wie Atemnot, Durchfall, Schnupfen oder schleimige Absonderungen. Kanarienvögel können sich aber auch an der atypischen Geflügelpest (Newcastle disease) anstecken. Diese Krankheit ist ansteckungsgefährlich für den Menschen, der dann eine Bindehautentzündung bekommt. Sie wird durch rohe Hühnereierschalen oder Wildvögel übertragen.

Weniger anzeigen

Domestizierung

Ob die Ureinwohner der Kanaren den Kanarengirlitz als Käfigvogel hielten, ist wegen seines schönen Gesangs wahrscheinlich, aber umstritten. Seit der Eroberung der Kanarischen Inseln zu beginn des 15. Jahrhunderts brachten die Spanier den Kanarengirlitz nach Europa. Der Eroberer der Inseln Jean de Béthencourt verschenkte Vögel an Johann II. von Kastilien und León sowie später an den französischen Königshof, wo Isabeau de Bavière sich besonders für die Vogelzucht begeisterte. Conrad Gessner beschrieb die Vögel in seiner Historia animalium (1555) als erster und berichtete, sie würden „Zuckervögelchen“ genannt, ob nun weil von den Kanaren auch Zucker kam oder weil Vögel wie Zucker Luxusgüter waren, ist unbekannt. Wegen ihres Gesangs und ihrer Munterkeit erlangten sie schnell große Beliebtheit und wurden zum Symbol für Luxus und Weltgewandtheit.

Mehr anzeigen

Aufgrund der steigenden Nachfrage mussten sie in großen Mengen verschifft werden. Da die Klöster große Einnahmen durch den Handel mit Kanarengirlitzen erwarteten, begannen die Mönche mit der Zucht von Kanarienvögeln. Hier wies vor allem das Kloster Cádiz große Erfolge auf. Um ihr Monopol zu wahren, verkauften die Spanier nur die Männchen, die wegen ihres schönen Gesangs besonders bei den Damen des Adels und der reichen Bürger äußerst beliebt waren. Spanien verkaufte die Kanarienvögel an Portugal, England, Frankreich und Italien. Um 1550 gelangten die Italiener jedoch in den Besitz von Kanarienvogelweibchen und begannen eine eigene Zucht. Das Monopol der Spanier brach zusammen.

Um 1600 wurde auch im Königreich von England damit begonnen, Kanarienvögel zu züchten. Königin Elisabeth I. war von den Kanarienvögeln begeistert und stellte Bedienstete für die Pflege und Zucht dieser kleinen Vögel ein. Die Briten legten schon damals auf das äußere Erscheinungsbild großen Wert. Um 1650 wurde in England der erste Hauben-Kanarienvogel, um 1700 der erste Frisé- und Positur-Kanarienvogel gezüchtet. Als sich Handwerker und Arbeiter Kanarienvögel leisten konnten, nahm die Zucht professionelle Züge an.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde auch in Frankreich die Kanarienvogelzucht betrieben. Die Franzosen achteten dabei vor allem auf die Färbung.

Vor 1600 traten bei der Zucht erste Mutationen auf. Zuerst waren es gelbe Flecken im Gefieder, die recht bald zu reingelben Vögeln gezüchtet wurden. Auch die Tiroler Gesangskanarien waren überwiegend gelb. Im Jahr 1667 wurde in Deutschland von reinweißen Kanarienvögeln berichtet. Zuvor waren Gemälde von weiß gescheckten Kanarienvögeln zu sehen. Auch graue, grau gescheckte und braune Kanarienvögel wurden in Büchern des 17. und 18. Jahrhunderts erwähnt. In diese Zeit fallen auch die Achatvögel, die in Holland erstmals erwähnt wurden. Die Mutationen der weißen, grauen und Achatvögel verschwanden, da zu jener Zeit die Vererbungsregeln noch nicht bekannt waren.

Schon um 1600 züchteten die Tiroler die Kanarienvögel nach und gründeten nach einigen Jahren eine Zucht- und Handelszentrale. Bald hatten sie gelbe und weiße Kanarienvögel gezüchtet. Zudem kamen sie auf die Idee, Nachtigallen als Vorsänger für die jungen Hähne einzusetzen. In Imst am Inn wurde eine Gesellschaft für den Versand in alle Welt gegründet. Die Tiroler Vogelhändler zogen mit Rückengestellen, auf denen Kanarienvögel in kleinen Holzkäfigen getragen wurden, durch ganz Europa. Um 1700 gelangten die Kanarienvögel über Tirol nach Deutschland und in die Niederlande. Innsbruck, Nürnberg und Augsburg werden als Handelszentren genannt. Bis Ende des 16. Jahrhunderts wurden nur Gesangskanarien gezüchtet. Danach wurde auch auf die Farbe und zuletzt auf die Positur Wert gelegt. Die Blütezeit der Kanarienvogelzucht war das 18. Jahrhundert. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann im Harz die Zucht, da viele Tiroler auf Grund höherer Löhne dorthin ausgewandert waren. Hier konzentrierte man sich auf den Gesang und verbesserte die Gesangsqualitäten. So wurde der Harzer Roller innerhalb relativ kurzer Zeit weltberühmt. Ab 1842 wurden Kanarienvögel vom Harz in die USA exportiert. Der Absatz stieg 1860 bereits auf 15.000 pro Jahr. 1882 wurden 120.000 Kanarienvögel nach New York transportiert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erreichte die Harzer Zucht ihren Höhepunkt: Über eine Million Harzer Roller wurden exportiert.

Kanarienvögel dienten auch als Gaswarnanlage der Harzer Bergarbeiter.

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Farbenkanarienzucht populär. Die seinerzeit ausgestorbenen Mutationen traten wieder auf und es kamen noch weitere hinzu. Mit dem Wissen der Vererbungsmechanismen (Mendelsche Regeln) war es nun nicht mehr schwer, die aufgetretenen Mutationen zu festigen und stabile Zuchtstämme aufzubauen.

Das wohl größte Ereignis in der Farbenkanarienzucht war die Realisierung des roten Kanarienvogels durch die Einkreuzung des Kapuzenzeisigs. Es war jedoch ein langer Weg, das Rot zu stabilisieren, da nur ein geringer Prozentsatz der männlichen Mischlinge aus Kanarienvogel und Kapuzenzeisig fruchtbar war. In der Zeit zwischen 1915 und 1925 gelang es einigen deutschen Züchtern – vor allem dem in Ostpreußen lebenden Bruno Matern – die roten Kanarienvögel zu festigen. Auch wenn die Farbenkanarienzucht in Deutschland die wohl wichtigsten Impulse bekam, so wurde doch diese Zucht in den Niederlanden und Belgien viel fleißiger betrieben.

Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts begannen Züchter, gezielt neue Rassen zu schaffen und bekannte Rassen zu standardisieren. Beispielsweise begann man in den 1980er Jahren Zwergformen von einigen Rassen zu züchten. Bei der Kanarienvogelzucht werden große Fortschritte erzielt, so dass einige Rassen so in ihrem Genmaterial gefestigt sind und international anerkannt werden. Auch werden fast jährlich neue Rassen aus fernen Ländern entdeckt.

Kanarienvögel werden keinesfalls so zahm, wie es von Sittichen oder Papageien bekannt ist.Trotzdem ist es mit geduldsamem Umgang möglich, die Vögel so weit zu zähmen, dass sie freiwillig auf den Menschen eingehen und sich auf Hand oder Schulter setzen.

Weniger anzeigen

Referenzen

1. Kanarienvogel artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Kanarienvogel

Mehr faszinierende Tiere zum Kennenlernen