Sprosser
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Ordnung
Gattung
SPEZIES
Luscinia luscinia

Der Sprosser (Luscinia luscinia) ist ein Singvogel aus der Familie der Fliegenschnäpper. Er ist die nordöstliche Schwesterart der Nachtigall und dieser sehr ähnlich. Sein Verbreitungsgebiet grenzt an das der Nachtigall. In Europa ersetzt er sie im Norden und Osten, wobei die Verbreitungsgrenze diagonal durch Mitteleuropa verläuft. In Nord- und Ostdeutschland gibt es einen schmalen Überschneidungsbereich, in dem beide Arten vorkommen und sich auch gemeinsam fortpflanzen. Es sind jedoch nur die männlichen Nachkommen solcher Verbindungen fortpflanzungsfähig. Der Sprosser ist ein Langstreckenzieher, der im südlichen Teil Afrikas überwintert. Die europäischen Populationen sind Schleifenzieher.

Herkunft der Tiernamen

Vermutlich rührt der Name des Sprossers von Sprosse im Sinne von Fleck, Hautfleck (z. B. in „Sommersprosse“) her und ist auf die gewölkte bis gefleckte Brustzeichnung des Sprossers zurückzuführen. Da sowohl Nachtigall als auch Sprosser in vorigen Jahrhunderten als Käfigvögel beliebt waren, ist der namensgebende Bezug auf dieses Merkmal, das bei Beobachtungen im Feld oft kaum zu erkennen ist, verständlich.

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In anderen Sprachen belegt schon der Name des Sprossers die enge Verwandtschaft zur Nachtigall, z. B. englisch thrush nightingale (= „Drosselnachtigall“) oder niederländisch Noordse Nachtegaal (= „Nordische Nachtigall“). In den nordischen Sprachen, z. B. im Schwedischen, ist es umgekehrt, hier ist der Sprosser die Näktergal, während die deutsche „Nachtigall“ die Sydnäktergal (= „Südnachtigall“) ist. Die französische Namensgebung rossignol philomèle (Nachtigall) und rossignol progné (Sprosser) zieht die griechische Mythologie heran, um das verwandtschaftliche Verhältnis der beiden Arten auszudrücken: Philomela und Progne sind zwei Schwestern, die in Nachtigallen (bzw. Nachtigall und Schwalbe) verwandelt werden.

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Aussehen

Der Sprosser ist der Nachtigall sehr ähnlich. Er ist oberseits rötlich- bis olivbraun gefärbt, die Flügel- und Schwanzfedern sind dunkel rötlichbraun. Insgesamt ist der Sprosser etwas dunkler und weniger farbintensiv als die Nachtigall. Die Unterseite ist beige bis cremefarben und im Gegensatz zur Nachtigall im Bereich der Brust deutlich dunkel gewölkt oder sogar leicht gesprenkelt. Die Unterschwanzdecken sind leicht dunkel gefleckt oder gebändert, die der Nachtigall sind einfarbig hell. Das dunkle Auge hat einen hellen Rand. Der Schnabel ist geringfügig kompakter als der der Nachtigall, dunkelbraun und unterseits etwas heller. Die Füße sind hellbraun.

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Der Sprosser ist etwa 16–17 cm lang und wiegt durchschnittlich etwa 22–27 g (gut genährte Vögel vor dem Zug bis 34 g). Die Flügellänge beträgt durchschnittlich etwa 90 mm (81–98 mm), die durchschnittliche Schwanzlänge 70 mm (63–76 mm). Männchen und Weibchen unterscheiden sich kaum, selbst die Bestimmung anhand von Maßen und Gewicht ist nicht immer eindeutig. Bei Exemplaren mit extremen Maßen kann jedoch von einer eindeutigen Zuordnung ausgegangen werden: Bei einer Flügellänge über 91 mm handelt es sich mit relativer Sicherheit um ein Männchen, bei Flügellängen unter 85 mm um Weibchen.

Im Feld ist der Sprosser rein optisch kaum von der Nachtigall zu unterscheiden. Ein sicheres Merkmal, das aber nur bei Beringungen oder Totfunden geprüft werden kann, ist die Länge der 10., äußeren Handschwinge. Diese ist bei einigen Familien der Singvögel, so auch bei den Fliegenschnäppern, stark verkürzt. Beim Sprosser reicht sie nicht über die äußeren Handdecken hinaus, bei der Nachtigall ist sie länger als diese.

Die Art zeigt keine nennenswerte geographische Variation, Unterarten werden nicht beschrieben.

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Verteilung

Erdkunde

Das Brutgebiet des Sprossers erstreckt sich von Ost- und Nordeuropa bis nach Zentralasien. Es liegt größtenteils in der gemäßigten und kontinentalen Klimazone und reicht bis in den borealen Nadelwald hinein.

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Die westliche Verbreitungsgrenze verläuft durch Südnorwegen, Nordjütland und über die dänischen Inseln, durch Nord- und Ostdeutschland, Nordost-Ungarn, die bulgarischen und rumänischen Donauniederungen zum Donaudelta.

In Nordeuropa reicht seine Verbreitung bis zu einer Linie, die zwischen dem 62. und dem 65. nördlichen Breitengrad verläuft, in Nordasien folgt sie etwa 60° N. Im Osten geht das Areal bis Krasnojarsk, an den westlichen Ausläufern des Altai südwärts, entlang 50°N durch Kasachstan, am Südural entlang bis zum Nordrand des Asowschen Meers und den Mündungen von Dnepr und Dnjestr bis zum Donaudelta.

Der Sprosser ist großräumig betrachtet, wie auch die Nachtigall, fast ausschließlich ein Brutvogel der Flussniederungen. Man kann ihn an geeigneten Orten auch außerhalb der letzteren finden, dann jedoch meist in weitaus niedrigeren Siedlungsdichten.

Er bevorzugt feuchte Laubholzstandorte auf fruchtbaren Böden. Im Unterschied zur Nachtigall, die auch lichte Wälder mit üppiger Strauchschicht besiedelt, scheint der Sprosser großflächigere Waldungen eher zu meiden. Er bevorzugt zergliedertere, kleinflächige oder mosaikartige Waldstrukturen wie Feldgehölze, Gehölzinseln in Niedermoorflächen oder baum- und buschreiche Gewässerufer.

Entscheidend für die Wahl des Habitats sind lichtarme Dickichte mit bis zu 100 % Laubdeckung, denen eine Krautschicht fehlt, sodass der Sprosser am Boden seine Nahrung finden kann. Diese sollten sich jedoch mit offeneren, von einer dichten Krautschicht aus Stauden oder jungen Sträuchern bewachsenen Flächen abwechseln, die geeignete Neststandorte bieten und auf denen der Reviergesang weithin gut zu hören ist.

Häufig ist der Sprosser in ufernahen Weidengehölzen zu finden, aber auch in den Randbereichen von Erlenbrüchen oder in durch Weiden-, Erlen- oder Eschenjungwuchs verbuschten Verlandungsbereichen und Niedermoorwiesen. Auf Hiddensee besiedelt der Sprosser ungewöhnlicherweise die dort häufigen, mit Weißdorn und Holunder durchmischten Sanddorn-Dickichte und erreicht dort hohe Siedlungsdichten.

Meistens handelt es sich bei besiedelten Gehölzen um 3 bis 13 m hohe, 13 bis 17-jährige Stangenhölzer. Untersuchungen in Finnland haben ergeben, dass Gehölze nur in einer bestimmten Phase der Sukzession für den Sprosser geeignet zu sein scheinen. Erreichen die Bäume eine Wuchshöhe von etwa 3 m oder mehr, werden die Habitate vom Sprosser gut angenommen, die größten Siedlungsdichten erreicht er bei einer Höhe von 8–12 m, Habitate mit höheren oder ausgewachsenen Bäumen werden meist mit der Zeit aufgegeben. Auch der Bruterfolg scheint eng mit der Wuchshöhe der Gehölze verbunden zu sein.

Häufig brütet der Sprosser in Gewässernähe. In vielen Fällen wurden Nester in 50–100 m Entfernung von Wasserflächen oder Fließgewässern gefunden. Allerdings scheint Gewässernähe kein zwingendes Kriterium für die Brutplatzwahl zu sein. Ist in der Nähe von Gewässern kein akzeptabler Lebensraum zu finden, können die Brutgebiete auch weit entfernt davon liegen. Grund für die häufige Gewässernähe bei Niststandorten ist also vermutlich die Tatsache, dass geeignete Habitate ohnehin oft an Gewässern liegen.

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Sprosser Lebensraum-Karte
Sprosser Lebensraum-Karte

Gewohnheiten und Lebensstil

Auf dem Boden bewegt sich der Sprosser drosselähnlich hüpfend und etwas gesetzter als die Nachtigall. Während diese im Verharren und bei Erregung oft den Schwanz senkrecht aufstellt, bewegt ihn der Sprosser oft – wie für Würger typisch – schräg drehend zu Seite. Dabei werden auch meist die Flügel leicht angehoben. Wird der Schwanz in Erregung auf- und abgewippt, fehlt im Gegensatz zur Nachtigall die stark verlangsamte abschließende Aufwärtsbewegung. In Erregungs- oder Drohpose, z. B. bei Revierstreitigkeiten, wird der Schwanz senkrecht stehend aufgefächert.

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Beim Singen sitzt das Männchen aufrecht mit schräg abfallendem Schwanz, meist auf nicht zu hoch gelegenen, teils offenen Warten. Zu Zeiten der Revierbildung, wenn das Revier lautstark singend verteidigt wird, verliert der Sprosser oft nahezu die Scheu vor dem Menschen.

Der Flug ist schnell, leicht und im abschließenden Anflug flatternd. Meist werden zielgerichtet gerade, ohne scharfe Richtungswechsel nur kurze Strecken offenen Geländes überflogen, worauf der Vogel sich gleich wieder in Deckung begibt. Ruhe- und Schlafplätze liegen meist in dichter Deckung im Inneren von Gebüschen. Der Sprosser badet gern und ausgiebig, oft tut er dies in den Abendstunden.

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Lebensstil
Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Der Sprosser sucht seine Nahrung zum größten Teil auf dem Boden oder der unteren Krautschicht. In den übrigen Fällen wird sie von Ästen und Zweigen, aus den unteren Regionen der Strauchschicht gesammelt oder aber seltener in hohen Sprüngen aus der Luft gefangen. Sie besteht zum überwiegenden Teil aus Arthropoden. Zum größten Teil (75–95 %) sind dies Insekten, aber auch Asseln (Isopoda), Doppelfüßer (Diplopoda) und Spinnentiere (Araneida). Auffällig ist, dass anders als bei der Nachtigall Regenwürmer offenbar kaum eine Rolle spielen.

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Altvögel ernähren sich zu einem großen Teil von kleinen Käfern (vorwiegend Rüsselkäfer) und Ameisen sowie Ohrwürmern und Wanzen. Ebenso werden kleinere Tiere wie Staub- und Pflanzenläuse von Zweigen und Blättern gelesen. Seltener gehören Heuschrecken, Zikaden oder Libellen zu den Beutetieren. An die Nestlinge wird meist größere, aber weichere Nahrung mit geringem Chitinanteil verfüttert. Dabei überwiegen wieder die Insekten und hier vor allem Käferlarven, Schmetterlingsraupen (Lepidoptera), und kleine Fliegen. Der Anteil anderer Arthropoden ist wegen der häufig verfütterten Asseln und Spinnentiere meist höher als bei den Altvögeln.

Im Spätsommer und Herbst erweitern Beeren (z. B. Brombeeren und Johannisbeeren) und andere Früchte (z. B. Holunder, Maulbeeren, Faulbaum oder Hartriegel) das Nahrungsspektrum.

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Paarungsgewohnheiten

Der Sprosser führt eine monogame Saisonehe. Es gibt nur eine Jahresbrut. Umpaarungen oder Zweitbruten wurden nicht nachgewiesen. Diese sind aufgrund der kurzen Brutsaison auch eher unwahrscheinlich.

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Die Weibchen treffen etwa bis zu einer Woche, manchmal bis zu 10 Tage später ein. Etwa zu diesem Zeitpunkt setzt bei den Männchen der lautstarke, weit zu hörende Reviergesang ein, an dem die Weibchen sich beim Aufsuchen der Brutreviere orientieren. Im Gegensatz zu den Männchen sind die Weibchen wenig standorttreu. Die Paare finden meist für eine Brutsaison zusammen. Über Umpaarungen ist nichts bekannt, vermutlich finden diese aufgrund der kurzen Brutsaison nicht statt. Auch Fälle von Polygynie, also z. B. die Verpaarung eines Männchens mit mehreren Weibchen, sind bei dieser Art nicht dokumentiert.

Ein eintreffendes Weibchen wird vom Männchen sofort mit dem Balzgesang umworben und in geringem Abstand bei der Nahrungssuche begleitet. Das Männchen fliegt umliegende Zweige an und balzt unter raschem Flügelheben und stetigem Auffächern, Heben und Zusammenlegen des rötlichen Schwanzes. Häufig nimmt es dabei eine Pose ein, bei der es nahezu kopfüber auffällig den Hinterkörper aufstellt. Am Boden wird das Weibchen dann mit steifen Schritten und hängenden Flügeln in etwa einem halben Meter Entfernung umbalzt, wobei der Schwanz – ebenfalls herabhängend – über den Boden geschleift wird. Nach einer halben Umrundung wechselt das Männchen die Richtung, hin und wieder springt es mehrmals in hohem Bogen um das Weibchen herum. Versucht das Weibchen sich zu entfernen, wird es vom Männchen unter Balzgesang oder leisen Rufreihen verfolgt und umflogen. Nach erfolgter Paarbildung folgt das Weibchen dem Männchen und zeigt mit ausgebreiteten Flügeln mögliche Nistplätze auf.

Wird die Paarbindung enger, ist der Balzgesang nicht mehr zu hören – an dessen Stelle treten leise Kontaktlaute („tack“), das Paar hält sich tagsüber nahe beieinander auf und übernachtet in unmittelbarer Nähe voneinander.

Das 10–15 cm breite Nest wird ausschließlich vom Weibchen gebaut. Es wird meist am Boden oder in Bodennähe errichtet; entweder am Fuß von Bäumen oder Sträuchern, in Reisighaufen oder in der Krautschicht, z. B. im Schutz von Brombeeren, Heckenrosen, Mädesüß, Giersch, Brennnesseln oder Buschwindröschen. Liegt das Nest am Boden, wird häufig eine 6–8 cm breite, nicht sehr tiefe Nestmulde angelegt. Sehr selten wurden Nester auch zwischen Ästen in 1 oder mehr Metern Höhe gefunden. Von außen wird das Nest von einer dünnen Schicht Halmen oder Zweigen zusammengehalten, besteht sonst meist aus dem Laub der umstehenden Bäume (Erle, Birke, Weide oder Pappel) und wird mit weichem Material wie feinen Halmen, Wurzeln oder Tierhaaren ausgekleidet. Gelegentlich besteht das Nest auch nur aus einem Material, wie z. B. in einem Fall aus vorjährigen Erlenblättern oder in einem anderen aus Schilfblättern, die nach innen hin immer feiner wurden. Manchmal wird das Nest auch noch von oben mit etwas trockenem Laub getarnt. Der Nestbau dauert etwa vier, seltener bis zu sieben Tagen. Er kann sich verzögern, wenn zunächst eine Nestmulde gegraben werden muss.

Die Eiablage beginnt in Mitteleuropa etwa zwei Wochen nach der der Nachtigall, beginnt Mitte Mai und erreicht Ende Mai ihren Höhepunkt.Das Gelege besteht aus 4–6, seltener 3 Eiern, die in der Form recht variabel und olivgrün oder -braun sind. Meist fehlt eine Fleckung. Gelegentlich findet man eine dichte, braune Wölkung und schwarze Strichelungen am stumpfen Ende. Sie sind im Durchschnitt 22 × 17 mm groß und wiegen bei Vollgewicht ca. 13,8 g. Im Unterschied zu denen der Nachtigall sind sie etwas schwerer und dunkler in der Tönung.

Die Bebrütung beginnt mit der Ablage des vorletzten oder letzten Eies und dauert etwa 13 bis 14 Tage. Eventuell beginnt die Bebrütung häufiger als bei der Nachtigall schon mit dem vorletzten Ei, was eine kürzere Brutzeit zur Folge hätte. Die Bebrütung – und später das Hudern – übernimmt ausschließlich das Weibchen, das – anders als bei der Nachtigall – kaum vom Männchen gefüttert wird. Es sucht in kurzen Brutpausen, deren Länge zwischen zwei Minuten und einer Viertelstunde liegen, etwas Nahrung in Nestnähe. Das Männchen lässt in dieser Phase weiterhin seinen Reviergesang hören, verhält sich dabei aber weniger exponiert als vor dem Brutbeginn.

Die Jungen werden ausschließlich durch das Weibchen gehudert, das in den Pausen dazwischen Nahrung sucht. Die Fütterung der Jungen übernimmt anfänglich das Männchen, dabei kommt es oft vor, dass es zuerst dem Weibchen die Nahrung übergibt. Etwa ab dem zweiten Tag beteiligt sich auch das Weibchen an der Futtersuche.

Es wird vor allem morgens gehudert. Liegt die Länge der Huderphasen bis zum dritten oder vierten Tag noch zwischen 1 und 39 Minuten (durchschnittlich 10,4 Minuten), reduziert sie sich stark, wenn die Jungen die erste Befiederung ausbilden. So wurde bei einer Brut etwa am 6. Tag noch durchschnittlich 4,8 Minuten gehudert, bei einer anderen ab dem vierten Tag nur noch nachts.

Die Nestlingsdauer beträgt meist zwischen 10 und 11, seltener 12 Tagen. Gegebenenfalls verlassen die Jungvögel bei Gefahr schon eher das Nest, bei schlechtem Wetter kann sich dies noch einige Tage hinauszögern. Nach dem Ausfliegen werden die Jungen noch etwa 2 bis 3 Wochen gefüttert.

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POPULATION

Populationszahl

Aufgrund der Aufmerksamkeit, die dem Sprosser als Käfigvogel zuteilwurde, lässt sich die Bestandsentwicklung bis in vorige Jahrhunderte zurückverfolgen. Sprosser und Nachtigall wurden wegen ihres Gesangs in derartigen Mengen gefangen, dass vermutlich ganze Populationen ausgerottet oder zumindest stark dezimiert wurden. Ein 1877 europaweit tätiger Vogelhändler hatte beispielsweise an 53 Orten Vogelfänger unter Vertrag, die es ihm ermöglichten, jährlich 800–1000 Nachtigallen und Sprosser zu veräußern. Dass derartiger Raubbau nicht ohne Folgen blieb, ist bereits den Zeitgenossen aufgefallen, diese klagten über sinkende Fangzahlen oder die nachlassende Qualität der Gesänge, da in den ausgedünnten Populationen die singenden Männchen kaum noch voneinander lernen oder sich gegenseitig anregen konnten.

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Bereits ab dem 13. Jahrhundert wurden gegen den Fang Beschränkungen erlassen, ab dem 15. Jahrhundert gab es erste Fang- und Handelsverbote. Teilweise wurde als Beschränkungsmaßnahme eine „Nachtigallensteuer“ erhoben, diese gab es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.

Beim Sprosser führten der Vogelfang in Kombination mit Rückgang des Lebensraums besonders an der westlichen Verbreitungsgrenze zu starken Rückgängen. Bis ins 18. Jahrhundert umfangreiche Bestände im Pannonischen Tiefland, den österreichischen Donauauen, an der Theiß, in Südmähren und westwärts bis an die Elbe bei Magdeburg waren spätestens bis zum ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erloschen.

Erst in den 1920er Jahren begann sich der Trend langsam umzukehren. In Nordeuropa, wo es vermutlich aufgrund intensiver Waldbeweidung im 19. Jahrhundert Rückgänge gegeben hatte, kam es in den 1960er–1980er Jahren zu Bestandszunahmen und einer Arealausweitung. Etwas später, in den 1970er Jahren, begann dieser Trend in Polen, und seit den 1990er Jahren begann die Ausbreitung auch in Ostdeutschland, wo es immer wieder zu Brutzeitbeobachtungen an Orten relativ weitab der geschlossenen Besiedelung kam.

Heute scheint der europäische Bestand mit 3,7–6,9 Mio. Brutpaaren recht stabil, und die Art wird in keiner Gefährdungskategorie geführt.

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Referenzen

1. Sprosser artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Sprosser
2. Sprosser auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22709691/87882842
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/699830

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