Die Moorschildkröte (Glyptemys muhlenbergii) ist eine Art der Neuwelt-Sumpfschildkröten. Sie gehört wie die Waldbachschildkröte zu den Amerikanischen Wasserschildkröten. Bis vor wenigen Jahren wurden die beiden Arten noch zur Gattung Clemmys gerechnet, die heute als monogenerische Gattung nur noch die Tropfenschildkröte enthält.
Die Moorschildkröte gehört zu den kleinsten nordamerikanischen Schildkröten.
Die Moorschildkröte hat eine Carapaxlänge zwischen 7,6 und 8,9 Zentimeter. Sehr große und alte Individuen erreichen in seltenen Ausnahmefällen auch eine Carapaxlänge von 11,5 Zentimeter. Der Rückenpanzer weist eine braune bis dunkelrotbraune Färbung auf. Der Hinterrand ist nicht gesägt. Auffälliges Kennzeichen der Moorschildkröte ist ein leuchtend gelber oder oranger Farbfleck an beiden Seiten des Halses sowie im Nacken. Auch der Kopf weist eine leicht bräunliche Färbung auf. Der Bauchpanzer ist dunkelbraun bis schwarz. Männchen können anhand des konkav geformten Bauchpanzers identifiziert werden.
Das Verbreitungsgebiet der Moorschildkröte reicht vom Westen der US-Bundesstaaten Massachusetts, New York und Pennsylvania bis in den Südwesten von North Carolina, dem Westen von South Carolina und dem Norden von Georgia.
Der Lebensraum der Moorschildkröte sind flache Tümpel, Seen, Teiche, Sümpfe, langsam fließende Bäche und mit Torfmoos bewachsene Moore. Sie kommt vor allem in den Mittelgebirgslagen ihres Verbreitungsgebietes vor. Die Art ist bedroht, weil ihr Lebensraum zunehmend fragmentiert wird. Im Westen Connecticuts, Massachusetts', New Yorks, im Nordosten Marylands, im südlichen Virginia sowie im Westen von North Carolina weist diese Art nur noch voneinander isolierte Populationen aus.
Kennzeichnend für den Lebensraum der Moorschildkröte sind eine hohe Luftfeuchtigkeit und Moose, in denen sie sich versteckt. Sie schafft sich in verkrauteter und vermooster Vegetation Gänge, die sie abläuft, um dort nach Würmern, Insekten, Schnecken und anderen Tieren zu suchen. Sie benötigt außerdem sonnenexponierte Stellen. Eine hohe Aktivität zeigt sie im Frühjahr nach Regenfällen. Sie überwintert in der Regel im Bodenschlamm der Gewässer.
Moorschildkröten sind semiaquatisch und können sich sowohl an Land als auch im Wasser bewegen. Sie sind hauptsächlich tagaktiv, tagsüber aktiv und schlafen nachts. Sie wachen am frühen Morgen auf, sonnen sich, bis ihnen ganz warm ist, und gehen dann auf Nahrungssuche. An kälteren Tagen verbringen Moorschildkröten einen Großteil ihrer Zeit im dichten Unterholz, unter Wasser oder im Schlamm vergraben. An wärmeren Tagen gehen sie auf Aasfresserjagd, paaren sich (im zeitigen Frühjahr) und sonnen sich im Sonnenlicht. In Zeiten extremer Hitze suchen Moorschildkröten jedoch in der Regel Schutz vor der Sonne und können gelegentlich entweder auswandern oder mit Wasser gefüllte Tunnelnetzwerke besetzen. In der Nacht vergraben sie sich in weichen Tunneln. Moorschildkröten fressen nur tagsüber, aber selten während der heißesten Stunden, und nehmen ihre Nahrung an Land oder im Wasser auf. Von Ende September bis März oder April halten sie normalerweise Winterschlaf, entweder allein oder in kleinen Gruppen in Frühjahrsquellen. Diese Gruppen können bis zu 12 Individuen umfassen und manchmal auch andere Schildkrötenarten einschließen. Moorschildkröten suchen während der Winterruhe einen Bereich mit dichtem Boden, z.B. mit einem starken Wurzelsystem, um sich zu schützen. Sie können jedoch auch an anderen Orten überwintern, z. B. am Boden eines Baumes, in Tierhöhlen oder in leeren Räumen im Schlamm. Moorschildkröten erwachen aus dem Winterschlaf, wenn die Lufttemperatur zwischen 16 und 31 °C (61 und 88 °F) liegt.
Moorschildkröten sind Allesfresser. Sie ernähren sich von Wasserpflanzen (wie Wasserlinsen), Samen, Beeren, Regenwürmern, Schnecken, Nacktschnecken, Insekten, anderen wirbellosen Tieren, Fröschen und anderen kleinen Wirbeltieren. Gelegentlich fressen sie auch Aas.
Moorschildkröten paaren sich in den ersten warmen Frühlingstagen. Das ist in ihrem nördlichen Verbreitungsgebieten meist im späten April bis in den frühen Juni. Nester finden sich unter Grasbüscheln oder Moos in sonnenbeschienen Stellen eines Moores. Das Gelegte umfasst zwischen einem und vier Eier. Sie werden in der Zeit von Juni bis Juli gelegt. Die Schlupfzeit der Jungen ist abhängig von der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit. Sie schlüpfen in der Regel nach einer Zeit von 42 bis 60 Tagen. In den nördlichsten Verbreitungsgebieten überwintern die Jungen gelegentlich im Ei oder geschlüpft in der Nistgrube. Nester werden häufig von Skunks und Waschbären ausgeräubert. Ihre Geschlechtsreife erreichen sie in einem Alter von fünf bis acht Jahren.
Die größte Bedrohung für Moorschildkröten ist der Verlust ihres ursprünglichen Lebensraums, der zum Verschwinden von 80 Prozent der Kolonien geführt hat, die vor 30 Jahren noch existierten. Die Invasion nicht-einheimischer Pflanzen in ihren Lebensraum ist eine große Bedrohung für das Überleben der Moorschildkröten. Diese Pflanzen verdrängen die einheimischen Arten in ihrem Lebensraum und verringern so die Menge an Nahrung und Schutz. Die Erschließung neuer Wohngebiete und Straßen behindert die Bewegung der Moorschildkröten zwischen den Feuchtgebieten und verhindert so die Gründung neuer Kolonien. Pestizide, Abwässer und Industrieabwässer sind schädlich für den Lebensraum und die Nahrungsgrundlage der Moorschildkröten. Aufgrund ihrer Seltenheit sind Moorschildkröten auch durch illegale Sammlungen gefährdet, die häufig für den weltweiten Handel mit Haustieren bestimmt sind. Auch die Eier sind während der Brutzeit gefährdet und fallen oft Säugetieren und Vögeln zum Opfer. Darüber hinaus können die Eier durch Überschwemmungen, Frost oder verschiedene Entwicklungsprobleme gefährdet sein.
Die Moorschildkröte ist vor allem durch Eingriffe in ihren Lebensraum bedroht. In ihrem gesamten Verbreitungsgebiet werden Feuchtgebiete zunehmend trockengelegt, in Agrarflächen oder Siedlungen umgewandelt. Die verbleibenden Feuchtgebiete sind voneinander isoliert, so dass ein genetischer Austausch ausbleibt. Die Bestände verarmen dadurch genetisch und werden anfälliger gegenüber Krankheiten. Moorschildkröten reagieren außerdem empfindlich auf Veränderungen in ihrem Lebensraum, etwa gegenüber einer Eutrophierungen, anderen Wasserständen oder eine Veränderung der vorherrschenden Vegetation.
Das illegale Einfangen von Moorschildkröten, um sie als Heimtier zu halten, stellt eine weitere Bedrohung dieser Art dar. Die Moorschildkröte zählt bereits seit 1973 zu den Cites-Arten und wird im Washingtoner Artenschutzübereinkommen in Anhang I gelistet.