Rotmilan

Rotmilan

Roter milan, Gabelweihe, Königsweihe

Reich
Stamm
Klasse
Ordnung
Familie
Gattung
SPEZIES
Milvus milvus
Populationsgrösse
50-67 Thou
Lebensdauer
24-26 years
Höchstgeschwindigkeit
183
113
km/hmph
km/h mph 
Gewicht
800-1300
28.2-45.9
goz
g oz 
Länge
60-70
23.6-27.6
cminch
cm inch 
Spannweite
175-179
68.9-70.5
cminch
cm inch 

Der Rotmilan (Milvus milvus), auch Roter Milan, Gabelweihe oder Königsweihe genannt, ist eine Greifvogelart aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Der gut mäusebussardgroße, lang- und schmalflügelige Greifvogel hat seinen Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland. Fast der gesamte Weltbestand ist in Europa beheimatet; nur wenige Rotmilane brüten auch in Nordwestafrika.

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Charakteristisch für diesen eleganten Flieger sind der gegabelte Schwanz sowie die markanten weißen Flügelfelder vor den tief gefingerten schwarzen Handschwingen.

Rotmilane sind Teilzieher. Die meisten Vögel Mitteleuropas verlassen im Spätherbst ihre Brutgebiete und ziehen nach Südwesten ab. Sie bleiben meist in Südwesteuropa, nur sehr wenige ziehen weiter bis in die Sahelgebiete des südwestlichen Afrikas. In zunehmender Zahl versuchen Rotmilane auch in ihren mitteleuropäischen Brutgebieten zu überwintern.

Rotmilane ernähren sich vor allem von Kleinsäugern. In geringerem Maße als ihr Verwandter, der Schwarzmilan, nehmen sie auch Aas auf und suchen auf Mülldeponien nach Nahrungsresten.

Nach sehr starken Bestandseinbußen gegen Ende des 20. Jahrhunderts nehmen die Bestände etwa seit 2010 wieder deutlich zu, sodass sich die Art in einigen Gebieten neu oder verstärkt etablieren konnte (Südwestdeutschland, Vorarlberg, Donauauen). Sie wurde deshalb aus der Vorwarnstufe der IUCN herausgenommen und als ungefährdet eingestuft.

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Aussehen

Der Rotmilan ist eine gut bestimmbare Greifvogelart. Verwechseln lässt er sich am ehesten mit dem Schwarzmilan, doch sind auch zu dieser nahe verwandten Milanart gute Unterscheidungsmerkmale gegeben.

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Der Rotmilan ist größer als ein Mäusebussard und etwas größer als der Schwarzmilan; er hat ausgesprochen lange Flügel und einen langen gegabelten Schwanz. Der sitzende Vogel wirkt rötlichbraun, wobei eine deutlich hellere, meist ockerfarbene Federsäumung vor allem der Deckfedern des Oberflügels und des Rückengefieders einen kontrastreichen Gesamteindruck vermittelt. Das Kopf-, Nacken- und Kehlgefieder erwachsener Rotmilane ist sehr hell, fast weiß, und weist auffallende schwarze Federnschäfte auf, die diese Körperpartien schwarz gestrichelt erscheinen lassen. Der ziemlich kräftige Schnabel ist an der Basis gelb, am Schnabelhaken dunkelgrau oder schwarz. Die kurzen Beine sind gelb, die Krallen schwarz. Die Iris erwachsener Vögel ist blassgelb. Das deutlich schwarz längsgestrichelte Bauchgefieder ist etwas heller und leuchtender rötlichbraun als das Rückengefieder; ebenso gefärbt sind die Unterflügeldeckfedern. Die Arm- und Handschwingen sind an ihren Enden sehr dunkel, fast schwarz.

Im Flug fallen vor allem die langen, relativ schmalen Flügel und der tief gegabelte, rostrote Schwanz auf, der immer in Bewegung ist und auch voll gefächert noch eine Kerbung aufweist. In der Oberansicht kontrastieren die schwarzen Arm- und Handschwingen stark mit dem übrigen, rötlichbraunen Gefieder. Noch kontrastreicher ist das Flugbild von unten, da die Handschwingen an der Basis weiß sind und ein ausgedehntes weißes Flügelfeld bilden, während im Flügelbug meist ein schwarzes Abzeichen zu erkennen ist. Die äußersten, tief gefingerten Handschwingen sind in ihrem letzten Drittel schwarz.Im Segelflug sind die Armschwingen leicht über die Horizontale angehoben, die Handschwingen jedoch gerade oder leicht gesenkt, was ein erkennbar geknicktes Flügelprofil ergibt. Die Flügel sind in fast jeder Flugposition im Carpalgelenk deutlich gewinkelt.

Die Geschlechter unterscheiden sich in der Färbung nicht, auch das Jugendgefieder ähnelt stark dem Erwachsenenkleid. Bestes und bei sehr gutem Licht auch feldornithologisch brauchbares Bestimmungsmerkmal juveniler Individuen ist der mehr sandfarbene, nicht hellgrau-weiße Kopf und das eher gesprenkelt (nicht längsgestrichelt) wirkende, mehr blassrötlich braune Bauchgefieder. Bei ganz jungen flüggen Rotmilanen kann der Schwanz am äußersten Rand noch eine Rundung aufweisen, da die äußersten Steuerfedern noch nicht ihre volle Länge erreicht haben.

Der reverse Geschlechtsdimorphismus ist beim Rotmilan ähnlich wie beim Schwarzmilan in Bezug auf die Körpergröße nicht sehr deutlich, etwas ausgeprägter jedoch in Bezug auf das Körpergewicht. Die schwersten Männchen haben ein Gewicht von 1,1 Kilogramm; im Durchschnitt liegt das Gewicht etwas unter einem Kilogramm (0,93 kg). Die schwersten Weibchen wiegen 1,4 Kilogramm, das Mittel liegt bei 1,06 Kilogramm.Die Körperlänge variiert zwischen 60 und 73 Zentimeter, wovon zwischen 31 und 39 Zentimeter auf den Stoß entfallen. Die Spannweite beträgt 150 bis 180 Zentimeter.

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Verteilung

Erdkunde

Das Verbreitungsgebiet des Rotmilans ist heute im Wesentlichen auf Zentral-, West- und Südwesteuropa beschränkt. Der Verbreitungsschwerpunkt dieser Art liegt in Deutschland, das allein über 42 Prozent des weltweit auf maximal 39.000 Brutpaare geschätzten Rotmilanbestandes beherbergt.

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Daneben gibt es größere Brutvogelbestände in Frankreich, in Spanien, in Italien, der Schweiz und auch in Großbritannien, dort vor allem in Wales. In Nordeuropa ist der Rotmilan nur in Schweden in nennenswerter Anzahl vertreten, während die Art in Finnland und Norwegen nicht vorkommt und auch in den baltischen Staaten sehr selten ist. Größere Vorkommen bestehen noch in Polen und in Tschechien, während in Österreich, der Slowakei und in Ungarn nur wenige Paare brüten. In Osteuropa bestehen Vorkommen nur mehr im äußersten Westen der Ukraine und von Belarus, auch im europäischen Russland brüten nur einige wenige Paare. Ob die Art noch auf dem Balkan als Brutvogel vorkommt, ist ungewiss. Die ehemals nicht unbeträchtlichen türkischen Bestände scheinen nicht mehr zu bestehen. Auch aus Marokko ist der Rotmilan weitgehend verschwunden.

Der Rotmilan ist ein Greifvogel offener, mit kleinen und größeren Gehölzen durchsetzter Landschaften. Er ist bedeutend weniger wassergebunden als die Nominatform des Schwarzmilans, mit dem er jedoch häufig in enger Nachbarschaft brütet. Bevorzugte Lebensräume sind Agrarlandschaften mit Feldgehölzen, oft auch Parklandschaften und an Offenland grenzende strukturierte Waldränder, seltener Heide- und Moorgebiete, solange Bäume als Niststandorte zur Verfügung stehen. Häufig nutzt er die günstigen Aufwindverhältnisse in engeren Flusstälern oder an Berghängen.

Zum Jagen braucht er offenes Kulturland, Grasland und Viehweiden, daneben können auch Feuchtgebiete als Nahrungsreviere dienen. Abgeerntete oder gerade umgepflügte Getreidefelder schließt er ebenso in die Nahrungssuche ein wie Autobahnen und Mülldeponien, letztere aber nicht in dem Ausmaß wie der Schwarzmilan. Sein Verbreitungsgebiet stimmt im Wesentlichen mit den Braunerdegebieten Mittel- und Osteuropas sowie den mediterranen Braunerde- und Terra-Rossa-Gebieten überein und liegt schwerpunktmäßig in den Intensivzonen der mitteleuropäischen Landwirtschaft.

Im Allgemeinen ist der Rotmilan ein Bewohner der Niederungen und der Hügellandgebiete etwa bis 800 m. Im Schweizer Jura liegen einzelne Brutplätze bei fast 1200 m. In den Pyrenäen sind Vorkommen in der subalpinen Stufe bekannt. Historische Brutplätze im Kaukasus und im Hohen Atlas lagen in Höhen von fast 2500 m.

Im Mittelalter scheint der Rotmilan auch in einigen europäischen Städten, so etwa in London, gebrütet zu haben. Er dürfte dort eine ähnliche Rolle als Abfallvertilger gespielt haben, wie sie heute einige Unterarten des Schwarzmilans (M. migrans parasitus und M. m. govinda) in Afrika beziehungsweise Süd- und Südostasien einnehmen.

In günstigen Nahrungshabitaten können Rotmilane in sehr hohen Siedlungsdichten vorkommen. Besonders dicht besiedelt war der Hakel, ein etwa 13 km² großes, mit ausgedehnten Lichtungen durchsetztes Waldgebiet in der Magdeburger Börde, wo 1979 136 Rotmilanpaare brüteten. Seither gingen die Bestandszahlen dort jedoch kontinuierlich zurück. Solche Konzentrationen von bis zu zehn Brutpaaren auf einem Quadratkilometer sind Ausnahmen, doch auch in der Baar und im Eichsfeld kommen Rotmilane in hohen Bestandsdichten vor.

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Rotmilan Lebensraum-Karte

Klimazonen

Rotmilan Lebensraum-Karte
Rotmilan
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Gewohnheiten und Lebensstil

Die Aktivitätszeit ist bei gutem Beutetierangebot auffallend kurz, kann aber, insbesondere während der Brutzeit, schon in der frühen Morgendämmerung beginnen und erst mit Einbruch der Dunkelheit enden. Immer wieder aber legt der Rotmilan zwischen den Beuteflügen ausgiebige Ruhepausen ein, auch dann, wenn die Nestlinge in unmittelbarer Nähe energisch betteln.

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Außerhalb der Brutzeit ist der Rotmilan sehr gesellig und zeigt kein territoriales Verhalten. Die Art nächtigt fast immer in größeren Schlafgesellschaften und fliegt auch gemeinschaftlich auf Jagd. Diese Schlafgesellschaften können mehrere hundert Individuen umfassen. Häufig kann in diesen Milanansammlungen „spielerisches“ Verhalten wie gegenseitiges Necken sowie synchrone Flugspiele einiger Vögel beobachtet werden. Gelegentlich brechen Rotmilane im Flug Koniferenzapfen ab, um sie einfach nur fallen zu lassen.

Auch während der Brutzeit ist territoriales Verhalten nicht sehr ausgeprägt, doch verteidigen beide Partner den Horst und seine weitere Umgebung (bis etwa 100 Meter) sowie den darüberliegenden Luftraum gegenüber Artgenossen und artfremden Eindringlingen. Dabei steigen die Milane hoch auf und attackieren den Eindringling ziemlich energisch von oben. Meist verfolgt ihn vor allem das Männchen eine gewisse Zeit, während das Weibchen recht schnell zum Horst zurückkehrt. Ein eigenes Nahrungsrevier beansprucht der Rotmilan in der Regel nicht, nur bei sehr geringer Nahrungsverfügbarkeit zeigen einzelbrütende Paare auch diesbezüglich territoriales Verhalten. Gelegentlich wurde auch bei sehr großen Populationsdichten, wie sie zum Beispiel im Hakel bestanden und in einigen Gegenden von Wales bestehen, territoriale Verhaltensweisen bezüglich der Jagdflächen festgestellt. Rot- und Schwarzmilane können sehr nahe beieinander brüten. Bei Streitigkeiten um einen günstigen Nistplatz oder einen bereits errichteten Horst ist hier in der Regel der Rotmilan der Unterlegene.

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Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Wie der Schwarzmilan ist auch der Rotmilan weitgehend Nahrungsgeneralist. Im Gegensatz zu diesem ist er aber ein leistungsfähigerer, aktiver Jäger. Fisch nimmt nur ausnahmsweise eine so dominierende Stellung ein wie bei der Nominatform des Schwarzmilans. Auch Aas und Abfälle nimmt er zwar regelmäßig, aber seltener auf als der Schwarzmilan. Individuell sind die Nahrungs- und Jagdgewohnheiten recht verschieden. Während der Brutzeit besteht die Hauptnahrung aus kleinen Säugetieren und Vögeln. Nach Menge und Gewicht überwiegen bei den Säugetieren Feldmäuse (Microtus sp.) und Maulwürfe (Talpidae), bei den Vögeln sehr auffällig der Star. Auch verschiedene Tauben (Columbidae), Rabenvögel (Corvidae) und größere Drosseln (Turdidae), so etwa Amseln (Turdus merula), Wacholder- (Turdus pilaris) und Misteldrosseln (Turdus viscivorus), werden relativ häufig geschlagen. Dort, wo der Feldhamster (Cricetus cricetus) noch vergleichsweise häufig vorkommt, zum Beispiel in Ostpolen, kann dieser zur Hauptbeute werden. Oft handelt es sich bei geschlagenen Vögeln um verletzte oder kranke Individuen oder um Jungtiere. In wasserreichen Gebieten können Fische, unter ihnen vor allem Weißfische wie Plötzen (Rutilus rutilus) und Brachsen (Abramis brama), gewichtsmäßig dominieren. Der Rotmilan erbeutet sowohl lebende als auch tote oder sterbend an der Wasseroberfläche treibende oder ans Ufer gespülte Fische. Nicht unbeträchtlich ist die Menge an Wirbellosen, die der Rotmilan sowohl im Flug als auch auf dem Boden aufnimmt. Vor allem im Frühjahr können verschiedene Käfer (Coleoptera) sowie Regenwürmer (Lumbricidae) wichtiger Nahrungsbestandteil sein. Der Anteil an Reptilien und Amphibien am Gesamtnahrungsaufkommen ist regional sehr unterschiedlich, in südlichen Populationen in der Regel etwas größer als in Mittel- oder Nordeuropa.

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An Aas ist der Rotmilan etwas weniger häufig zu finden als der Schwarzmilan, doch nutzt auch er totgefahrene oder verendete Tiere. Er ist an großen Kadavern ebenso anzutreffen wie an den Resten von Kleintieren. Auch an Mülldeponien, wo er häufig Ratten erbeutet, oder dort, wo große Mengen tierischen Abfalles anfallen, wie zum Beispiel bei Schlachthäusern oder Tierverwertungsanlagen, finden sich Rotmilane ein.

Der Rotmilan ist ein Suchflugjäger offener Landschaften, der große Gebiete seines Nahrungsreviers in einem relativ niedrigen und langsamen Gleit- und Segelflug systematisch nach Beute absucht. Er ist Überraschungsjäger, der bei erfolglosem Angriff in der Regel abstreicht und das verfehlte Beutetier nicht weiter verfolgt. Nicht selten ist er auch schreitend auf dem Boden zu sehen, wo er vor allem nach Insekten und Regenwürmern sucht. Erspähte Beutetiere nimmt der Rotmilan im Darüberfliegen vom Boden auf, ohne dabei zu landen. Auch Fische greift er nach Seeadlerart von der Wasseroberfläche ab und trägt sie davon. Vögel vermag er gelegentlich im Flug oder auf Ästen zu überraschen und zu schlagen, meistens jedoch erbeutet er sie auf dem Boden. Die Beutetiere tötet er in der Regel nicht mit den Krallen, sondern durch kräftige Schnabelhiebe. Rotmilane berauben auch andere Vögel, vor allem Schwarzmilane, Krähen und Möwen. Sie jagen ihnen die Beute ab oder belästigen sie so lange, bis sie bereits verschluckte Nahrung wieder auswürgen. Vor allem im Winter scheint diese Art des Nahrungserwerbes zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil den Nahrungsbedarf zu decken.

Insgesamt ist der Rotmilan in seinen Nahrungserwerbsstrategien sehr flexibel und kann günstige Gelegenheiten prompt nutzen. Besonders ziehen ihn Mäharbeiten an, da sie für ihn zuvor unzugängliche Beute freilegen. Bis zu ihrem Umbruch bieten auch abgeerntete Felder gute Nahrungsressourcen, auf die sich Rotmilane sehr schnell einstellen können.

Bei ausreichendem Nahrungsangebot und außerhalb der Brutzeit beginnt der Rotmilan erst einige Zeit nach Sonnenaufgang mit den ersten Beuteflügen und kann seine Jagdflüge bereits einige Stunden vor Sonnenuntergang beenden. Während des Tages legt er, meist in Horstnähe, längere Ruhepausen ein, die er auch zur intensiven Gefiederpflege nutzt.

Die Größe des zur Nahrungsbeschaffung genutzten Areals hängt vom jeweiligen Angebot an Beutetieren ab. Verschiedene Untersuchungen ergaben, dass Nahrungsflüge selten weiter als zwei Kilometer vom Horst wegführen. Meist bleibt der nahrungssuchende Vogel in Sichtweite des Horsts.

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Paarungsgewohnheiten

PAARUNGSVERHALTEN

Rotmilane werden in Ausnahmefällen bereits in ihrem ersten Lebensjahr fortpflanzungsfähig, brüten aber meist erst im dritten Lebensjahr zum ersten Mal. Die Art und Dauer der Paarbindung ist unterschiedlich. Weitgehend monogame Brutsaisonehen sind die Regel, doch wurden mehrjährige Dauerehen ebenso beobachtet wie Partnerwechsel während der Brutzeit. Bei Standvögeln scheint die Paarbindung stabiler zu sein als bei Zugvögeln, bei denen auch die durch das Zuggeschehen höheren Ausfallraten zu häufigerem Partnerwechsel zwingen. Die Art ist sehr brutortstreu. Auch geschlechtsreife Jungvögel versuchen sich meist in der näheren Umgebung ihres Geburtsortes anzusiedeln, auch dann, wenn in weiterem Umkreis geeignete Brutplätze zur Verfügung stünden. Das führt nach Walz in dichtbesiedelten Rotmilanhabitaten mangels geeigneter Brutplätze zu einer Erhöhung des Bruteintrittsalters.

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Bei in Mittel- und Osteuropa überwinternden Vögeln wurde Balzverhalten während der gesamten Überwinterungszeit festgestellt. Im Brutgebiet kommen die späteren Partner oft zeitlich versetzt an, nicht selten um bis zu zwölf Tage (in Ausnahmefällen bis vier Wochen), wobei das Weibchen oder das Männchen zuerst erscheinen kann. Einige treffen bereits lose verpaart im Brutgebiet ein. Dort beginnen die Standvögel bereits Mitte bis Ende Februar mit der Hauptbalz, die Zugvögel im Durchschnitt etwa zwei bis drei Wochen später.

Neuere telemetrische Untersuchungen zeigen, dass die Größe des Aktionsraums um das Revier des Brutplatzes bei Rotmilanen extrem unterschiedlich sein kann. So schwankte während der Phase der Jungenaufzucht der Aktionsraum bei 27 verschiedenen besenderten Männchen von Jahr zu Jahr und von Vogel zu Vogel zwischen 5 und 500 km² (MCP 95 % zwischen 2,4 und 235 km²). Dabei wurde festgestellt, dass die Anzahl flügger Jungvögel (pro Brutpaar) höher lag, wenn der Aktionsraum kleiner war (da schon in der Nähe Beute verfügbar).

Die Balz des Rotmilans ist nicht sehr auffällig. Im Wesentlichen besteht sie aus Horstbau, gemeinsamen Flügen über dem Horststandort und häufigen Kopulationen, die bis in die Nestlingszeit hinein anhalten. Zur Kopulation fordert das Weibchen mit leisen Trillerrufen, waagrecht geduckter Körperhaltung und gesenktem Kopf auf. Meist fliegt daraufhin das Männchen seine Partnerin direkt an und landet auf ihrem Rücken. Spektakuläre Steilabstürze über dem Horstrevier, bei dem sich zwei Altvögel ineinander verkrallen, gibt es beim Rotmilan ebenso wie bei vielen anderen Greifvögeln. Nach der Auswertung verschiedener Untersuchungen zu diesem Thema, wird dieses „cartwheeling“ genannte Verhalten inzwischen meistens als Abwehr von Rivalen gedeutet. Denkbar ist auch, dass dieses Verhalten sowohl bei der Abwehr von Rivalen als auch – abgewandelt – als Balzritual auftritt. Bereits in der Nestbauphase stellt das Weibchen eigene Nahrungsflüge weitgehend ein und wird ab dieser Zeit vom Männchen versorgt, bis es sich etwa zwei bis drei Wochen nach dem Schlupf selbst wieder an der Nahrungsbeschaffung beteiligt.

Der Horstbau oder die Instandsetzung eines alten Horstes beginnt sofort nach Ankunft der Partner im Brutrevier. Horststandorte und Horstbäume sind sehr unterschiedlich, in Mitteleuropa handelt es sich aber hauptsächlich um Eichen, Buchen oder Kiefern. Felsbruten kommen bei den Populationen auf den Balearen und den nordafrikanischen Rotmilanen vor. Ganz selten wurden auch Horststandorte auf Gittermasten festgestellt. Meist liegen die Horste relativ hoch und in starken Bäumen, doch wurden auch sehr niedrig gelegene Nester in schwachen Bäumen festgestellt. Gerne wählen Rotmilane Nistbäume entlang steiler Abhänge oder über Felsklippen, bevorzugt in Randlagen, oder in stark aufgelichteten Beständen. Nistunterlage ist meistens eine starke Stammgabelung, seltener eine Gabelung in einem starken Seitenast. Am Horstbau beteiligen sich beide Partner. Das Grundgerüst besteht aus starken Reisern und Zweigen, die sie vom Boden auflesen oder mit dem Schnabel oder den Fängen von Bäumen abreißen. Den Horst polstern die Vögel mit unterschiedlichem, weichem, organischem Material, aber auch mit Kulturabfällen wie Folien, Plastiktüten oder Bindegarn aus. Letzteres führt nicht selten später zur Strangulation eines Nestlings. Plastikmaterialien verhindern eine ausgeglichene Luftzirkulation und können zur Durchnässung und Unterkühlung der Jungen führen.

Die Größe der Rotmilanhorste ist sehr variabel. Sie können auffallend klein und recht liederlich zusammengefügt sein, mit Durchmessern zwischen nur 45 bis 60 Zentimetern. Mehrjährig benutzte Nester sind jedoch massive Konstruktionen mit einem Durchmesser von einem Meter und mehr, bei einer Höhe von über 40 Zentimetern.

Das Gelege besteht meist aus drei Eiern, seltener aus einem, zwei oder vier Eiern. Es wurden auch schon Gelege mit fünf Eiern gefunden. Die Eier wiegen etwa 60 Gramm und messen im Mittel 57 × 45 Millimeter. Sie entsprechen in Größe und Form einem mittelgroßen Hühnerei. Auf trübweißem Grund weisen sie unterschiedlich stark ausgeprägte, rötlichbraune Flecken sowie schwärzliche Girlanden auf. Legebeginn in Mitteleuropa ist frühestens Ende März, in der Regel aber erst Anfang bis Mitte April. Bis in den Mai hinein können frische Gelege gefunden werden. In Südeuropa ist der Legebeginn etwa zwei Wochen früher, in den nördlichsten Verbreitungsgebieten nicht vor Ende April, Anfang Mai. Rotmilane brüten nur einmal im Jahr; nur bei frühem Gelegeverlust kommt es zu einem Nachgelege, meistens in einem anderen Horst.

Die Eier bebrütet fast ausschließlich das Weibchen etwa 32 bis 33 Tage bereits nach dem ersten Ei intensiv, so dass die Jungen mit deutlichen Entwicklungsunterschieden aufgezogen werden. Nur für kurze Zeit übernimmt das Männchen das Brutgeschäft. In den ersten zwei bis drei Wochen bleibt das Weibchen fast ständig am Horst, hudert und beschattet die Nestlinge und verfüttert die vom Männchen herbeigebrachte Nahrung, die vor allem aus Kleinsäugern und Vögeln besteht. Die Nestlingszeit beträgt, abhängig von Witterung und Nahrungsangebot zwischen 48 und 54 Tagen. In Extremfällen fliegen die Jungen erst nach 70 Tagen aus.

Die wesentliche Gefährdung der Nestlinge liegt – abgesehen von mangelnder Nahrung – in der Prädation durch den Habicht. Die Führungszeit ist verglichen mit der von jungen Schwarzmilanen recht kurz und beträgt selten mehr als drei Wochen. Danach verstreichen die Jungvögel, meist verlassen auch die Altvögel die unmittelbare Horstumgebung.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Deutliche Abnahmen in den Hauptbrutgebieten führten dazu, dass die Weltnaturschutzunion (IUCN) Anfang des Jahrtausends den Bestand in der Roten Liste auf NT (= near threatened) hochstufte. Aufgrund steigender Population änderte die IUCN im Jahr 2021 die Einstufung in LC (= least concern, ungefährdet).

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Die Situation in den Bundesländern ist uneinheitlich. Während die Rote Liste der Brutvogelarten Baden-Württembergs den Rotmilan seit 2007 in die Kategorie „Ungefährdet“ einstuft, führt ihn die Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Niedersachsen und Bremen seit 2007 als stark gefährdet (Kategorie 2). Ausschlaggebend dafür sind die zum Teil erheblichen Bestandsrückgänge seit Beginn der 1990er Jahre in den Schlüsselländern der Verbreitung Deutschland, Spanien und Frankreich. In Deutschland insgesamt sind die Bestände seit 1996 stabil – allerdings auf einem niedrigeren Niveau als 1990. Stabile oder sogar steigende Brutpaarzahlen sind in der Schweiz, in Italien, in der Tschechischen Republik, in Polen, Schweden und in Wales zu verzeichnen. Stabil, wenn auch auf niedrigem Niveau, sind die Bestände auch in Österreich, Ungarn und in der Slowakei.

Die Schätzungen des europäischen Gesamtbestandes schwanken je nach Autor zwischen minimal 19.000 und maximal 29.000 Brutpaaren. Dabei gibt es verschiedene Gründe für natürliche Bestandsschwankungen. So nehmen die Bestände zum Beispiel in Jahren mit einer hohen Mäuse- und Feldhamsterverfügbarkeit zu (sogenannte Gradationsjahre), während Jahre mit (plötzlich einsetzenden) feucht-kalten Frühjahrstemperaturen zu Gelegeverlusten durch Unter- bzw. Auskühlen von Eiern oder Jungvögeln führen können, wodurch der Bestand auch insgesamt abnehmen kann. Extreme Wetterereignisse, die durch den fortschreitenden Klimawandel zunehmen werden, könnten den Bestand der Rotmilan-Population künftig negativ beeinflussen.

Gründe für die zwischen 1990 und 1996 erlittenen Bestandsrückgänge liegen vor allem in der Intensivierung und Umstellung der Landwirtschaft. Besonders negativ wirkte sich dies nach der Wende auf die Rotmilanbestände im Osten Deutschlands aus, wo regional Einbußen um mehr als 50 Prozent und ein deutliches Absinken der Reproduktionszahlen zu verzeichnen waren. Wesentliche Faktoren sind die Verschlechterung der Nahrungsverfügbarkeit durch Umstellung der Mähtermine infolge des verstärkten Anbaus von Wintergetreide und Raps sowie ein Rückgang der Rinderhaltung – mit zugleich weniger Weidewirtschaft und Grünfutteranbau mit regelmäßiger Mahd. Darüber hinaus tragen Verkehr, sekundäre Vergiftung durch Aufnahme vergifteter Beutetiere, Verfolgung durch vorsätzliche Vergiftung, Abschuss, sowie Unfallverluste an Freileitungen und Windkraftanlagen zum Rückgang bei. Gravierend sind ferner Verluste durch illegale Abschüsse, vorwiegend während des Vogelzuges und in den Überwinterungsgebieten. Als Folge kehren viele Tiere im Frühjahr nicht zurück. In den Brutgebieten kommt es zu Brutverlusten durch Forstarbeiten in der Brutzeit in Horstnähe. Trotz strikter Verbote und Regularien gemäß EU-Vogelschutzrichtlinie bestehen hier noch enorme Defizite bezüglich der Kontrolle.

Das noch laufendes Forschungsprojekt Life-Eurokite, das bis Anfang 2022 die Todesursache von 556 mit GPS-Sendern ausgestatteten toten Rotmilanen untersuchte, kam zu dem Zwischenergebnis, dass die größte Gefahr für Rotmilane in Europa Giftköder seien. Die Rotmilane sterben dabei nach dem Verzehr vergifteter Kleinsäuger wie Ratten und Mäusen. Anschließend folgte der Straßenverkehr, illegaler Abschuss, Stromschlag an Strommasten, Unfälle mit Schienenfahrzeugen und auf Rang sieben Windkraftanlagen. Gemäß Studienleiter Rainer Raab sei eine Kollision eines Rotmilans mit einer Windkraftanlage ein „äußerst seltenes Ereignis“, das vor allem dann auftrete, wenn ein Rotmilan nach einem langen Flug erschöpft oder die Sicht nicht gut sei. In einer Pressemitteilung stellte das Forschungsprojekt Life-Eurokite nach der Ausstrahlung des Frontal-Berichts klar, „Diese Ergebnisse sind nicht per se auf die aktuelle Debatte um Todesursachen vom Rotmilan in Deutschland übertragbar (auch wenn dies im Beitrag so dargestellt wurde), da die Todesursachen in Europa ungleichmäßig verteilt sind. So treten bspw. Vergiftungen und illegale Abschüsse sowie der Stromschlag an Elektroleitungen in Deutschland wesentlich seltener auf als in anderen europäischen Staaten“ und kommt zum Schluss „Es ist zum derzeitigen Projektstand nicht auszuschließen, dass es in Zukunft zu Verschiebungen bei der Häufigkeit der Todesursachen kommt.“ Eine kurz nach dem frontal-Bericht veröffentlichte Auswertung der Fachgruppe Rotmilan kam für Deutschland zu ganz anderen Fakten. Die Auswertung der Fachgruppe Rotmilan ergab, dass „in den letzten 15 Jahren Kollisionen mit WEA mit 15 % eine der häufigsten Todesursachen sowohl bei erstjährigen als auch bei älteren Vögeln war und im Vergleich zu früheren Jahrzehnten deutlich zugenommen hat. Wenn die Verluste der Vögel im ersten Lebensjahr separat betrachtet werden, zeigt sich der hohe Anteil von Prädation, welcher oftmals noch vor Verlassen des Nests geschieht, und welcher die anteiligen Todesursachen verzerren kann. Wenn man die Mortalität unmittelbar am eigenen Nest ausschließt und lediglich Todesfälle, die innerhalb von Deutschland auftraten, berücksichtigt, erhöht sich der Anteil an Kollisionsfällen mit WEA weiter auf 24 % bei den Erstjährigen und 19 % bei den älteren Vögeln, womit diese Verlustursache dann zusammen mit Kollisionen im Straßenverkehr die höchste Bedeutung einnimmt“

Über die in Windparks gefundenen Schlagopfer gibt eine seit 2002 von der staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg geführte Kollisionsstatistik Auskunft. Beim Rotmilan lag diese Zahl zwischen 2002 und Mai 2021 bei insgesamt 629 in Deutschland, nur Mäusebussarde waren mit 683 Schlagopfern häufiger betroffen. Diese Zahlen lassen keinen Rückschluss darauf zu, wie sich Kollisionen auf die Population auswirken. Auch die bisher umfangreichste Studie zu diesem Thema (PROGRESS-Studie) kann diese Frage nicht beantworten. Bei einem 2019 durchgeführten Vergleich der Populationsentwicklung des Rotmilans durch den Dachverband Deutscher Avifaunisten von 2005 bis 2014 mit der Windkraftanlagendichte im Jahr 2015 zeigen sich regionale Unterschiede. Es gab deutliche Bestandszunahmen in Südwest- und Westdeutschland ausschließlich in Gebieten, wo bisher nahezu keine Windkraftanlagen standen, deutliche Bestandsrückgänge hingegen in Kreisen mit hoher Windkraftanlagendichte beispielsweise in Sachsen-Anhalt und Ostwestfalen. Im Durchschnitt ergab sich eine hochsignifikante negative Korrelation zwischen Rotmilan-Bestandsveränderung und Windkraftanlagendichte auf Landkreisebene, das heißt bei zunehmender Dichte der Windkraftanlagen sinkt die Zahl der Rotmilane. Aufgrund neuester Daten haben allerdings IUCN und BirdLife International den Rotmilan als nicht mehr gefährdet eingestuft.

Auch das Schließen von Mülldeponien wirkte sich Anfang der 1990er bestandslimitierend aus. Den Vögeln wurden damit ganzjährig verfügbare Nahrungsquellen entzogen. Ob sich zunehmende Schwarzmilanbestände negativ auf den in direkter Konkurrenz stehenden Rotmilan auswirken, ist noch nicht ausreichend geklärt. Ähnliches gilt für Einflüsse durch den aus Nordamerika eingewanderten Waschbären, der sich besonders in Hessen und Brandenburg stark verbreitet hat. Es gibt deutliche Hinweise, dass Waschbären Nistplätze von Greifvögeln nutzen und als Nesträuber Greifvogelnester ausräumen.

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Populationszahl

Laut der Roten Liste der IUCN beläuft sich die Gesamtpopulation des Rotmilans auf etwa 25.200-33.400 Paare, was etwa 50.000-67.000 ausgewachsenen Individuen entspricht. Gegenwärtig wird diese Art auf der Roten Liste der IUCN als "Potentiell gefährdet (NT)" eingestuft, und ihr Bestand ist heute abnehmend.

Ökologische Nische

Rotmilane sind wichtige Prädatoren und Aasfresser in ihrem Ökosystem. Diese Vögel kontrollieren die Populationen ihrer Beutetiere. Indem sie Aas fressen, reinigen sie die Umwelt und tragen dazu bei, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.

Lustige Fakten für Kinder

  • Im Vereinigten Königreich gab es mehrere ungewöhnliche Fälle, in denen Rotmilane ähnlich wie Möwen Lebensmittel von Menschen gestohlen haben. Ein solcher Vorfall ereignete sich in Marlow, Buckinghamshire, wo Rotmilane im Sturzflug Sandwiches von Menschen in einem der städtischen Parks stahlen.
  • Wenn eine Rotmilanmutter Gefahr wittert, gibt sie ihren Küken ein Signal und diese stellen sich so weit "tot", dass ein Prädator sie verlässt, in der Hoffnung, später zurückzukehren und sie zu fressen.
  • Rotmilan-Eltern fügen ihrem Nest auch während der Brutzeit und der Nestlingszeit immer wieder Material zu. Die Nester variieren stark in ihrer Größe und können sehr groß werden, wenn ein und dasselbe Nest mehrere Saisons lang verwendet wird.
  • Rotmilane schmücken ihre Nester gerne mit Papier und Plastikmaterialien; sie können sogar Kleidung stehlen, die Menschen zum Trocknen ausgelegt haben!

Coloring Pages

Referenzen

1. Rotmilan artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Rotmilan
2. Rotmilan auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22695072/155600973
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/685030

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